Mönchengladbach Wenn Moleküle im Dunkeln leuchten

Mönchengladbach · Vor einem Jahr erreichte Prof. Stefan Hell im Max-Planck-Institut Göttingen der Anruf aus Stockholm: Der jetzt 52-jährige Physiker erfuhr, dass er den Nobelpreis erhält. Gestern berichtete der sympathische Forscher darüber in Gladbach.

 Chemie-Nobelpreisträger Prof. Dr. Stefan Hell schaffte es, in der Kaiser-Friedrich-Halle mit einem spannenden Vortrag sein Forschungsgebiet, die von ihm stark verbesserte Licht-Mikroskopie, verständlich darzustellen.

Chemie-Nobelpreisträger Prof. Dr. Stefan Hell schaffte es, in der Kaiser-Friedrich-Halle mit einem spannenden Vortrag sein Forschungsgebiet, die von ihm stark verbesserte Licht-Mikroskopie, verständlich darzustellen.

Foto: Jörg Knappe

Ohne Licht läuft in der Nanowissenschaft gar nichts. Denn um winzigste molekulare Strukturen, etwa in lebenden Zellen, sichtbar zu machen, muss starkes Licht gebündelt durchs Objektiv des Mikroskops fallen. Irgendwann, genau bei der halben Lichtwellenlänge von 200 Nanometer, ist die "Beugungsgrenze" des Lichts erreicht. Dann lassen sich Moleküle nicht mehr auseinanderhalten. Pech für die Zellforschung.

Diese Lücke ist durch bahnbrechende methodische Erkenntnisse des aus dem Banat (Westrumänien) stammenden Physikers Stefan Hell in den zurückliegenden 20 Jahren geschlossen worden. Ihm kam in einem Studentenwohnheim der finnischen Stadt Turku die Idee, mittels Fluoreszenz-Färbung Moleküle im Wechsel gleichsam an- und abzuschalten. "An/Aus - das ist im Prinzip schon das Grundgerüst meiner Idee", berichtete gestern Abend der Professor, der inzwischen das Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen leitet, bei seinem Vortrag in der fast voll besetzten Kaiser-Friedrich-Halle. Und bei der Vermittlung seiner Erkenntnisse machte Stefan Hell seinem lichtvollen Namen alle Ehre und hellte das Verständnis des dankbaren Auditoriums gründlich auf.

Die Veranstaltung aus der Reihe "Nobelpreisträger der Welt in Mönchengladbach" hatte wieder der Initiativkreis Mönchengladbach ermöglicht. Dabei faszinierten nicht allein die ebenso fachgerechten wie allgemeinverständlichen Erläuterungen der Funktionsweise des von Hell entwickelten STED-Mikroskops; der 52-jährige Wissenschaftler begeisterte auch mit seiner natürlichen, ganz unkapriziösen Art, das Publikum an seiner großen Freude über die hohe Auszeichnung vor einem Jahr teilhaben zu lassen. Wir erlebten hautnah die Atmosphäre mit, die Stefan Hell umgab, als er am Mittwoch, dem 8. Oktober 2014, um 11.15 Uhr durch den Anruf der schwedischen Akademie der Wissenschaften überrascht wurde. "Eine halbe Stunde durfte ich mit niemandem darüber sprechen", erinnert sich Hell an die verordnete Sperrfrist. Dass er sich 100-prozentig daran gehalten habe, bezweifelte bei der Talkrunde im Anschluss an den Vortrag der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar (56). Worauf der Nobelpreisträger schmunzelnd einräumte: "Mit meiner Frau habe ich telefoniert, aber sonst mit niemandem außerhalb des Instituts."

Bilder von der Verleihungszeremonie in Stockholm, mit der Übergabe von Urkunde und Medaille durch den schwedischen König Carl Gustav, mit Festkonzert und Festbankett - bei dem Prinzessin Madeleine als Tischdame Hell Gesellschaft leistete - und dessen Dankesrede entzückten die Gladbacher.

Moderator Yogeshwar, selbst Physiker, fragte den Forscher weniger über Fachliches aus, er wollte eher wissen, ob Hells Kindheit im diktatorisch regierten Rumänien ein Antrieb zu Höherem war. Der bestätigte das: "Ich verstand früh: Man kann dir alles nehmen, nicht aber das, was du im Kopf hast", antwortete der Nobelpreisträger.

(ri-)
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