St. Peter in Mönchengladbach Wie aus der Kirche eine Kletterhalle wurde

Mönchengladbach · Im Winter ist die alte Pfarrkirche St. Peter ein beliebter Trainingsort für Kletterfans. Für die Zukunft ist ein Kletterturm geplant.

 Vorstiegsklettern: In kleinen Abständen muss Joel das Sicherheitsseil neu einhaken. Dabei steigt der Schwierigkeitsgrad, da die Wand sich neigt.

Vorstiegsklettern: In kleinen Abständen muss Joel das Sicherheitsseil neu einhaken. Dabei steigt der Schwierigkeitsgrad, da die Wand sich neigt.

Foto: Jana Bauch

Der nächste pinke Griff ist nur wenige Zentimeter von Joel Jungs rechter Hand entfernt. Doch der 15-Jährige zögert. Er kneift die Augen zusammen. "Spring, rein, wenn du nicht mehr kannst", ruft Klaus Fasbender von unten und zieht das Sicherungsseil straff. "Nein", japst Joel und streckt die Hand nach dem nächsten Griff aus. An dieser Stelle verläuft die Kletterwand parallel zur Decke - den Übergang schaffen die Wenigsten.

Sie alle hängen an den 13 Meter hohen Wänden der Kletterkirche Waldhausen: Anfänger, Hobbykletterer und Extremsportler. Gerade in den Wintermonaten ist die Halle beliebt, Geschäftsführer Fasbender zählt besonders immer mehr Kinder die ihren Weg in die ehemalige Pfarrkirche St. Peter finden. "130 kommen mittlerweile regelmäßig zu uns", sagt der 44-Jährige. "Wir haben Klettern zum Breitensport in Mönchengladbach gemacht, auch wegen der besonderen Immobilie."

Nachdem das Bistum Aachen im Jahr 2009 der Idee zugestimmt hatte, bauten Fasbender und seine Geschäftspartnerin Simone Laube die leerstehende Kirche um. Viele Elemente wie das Weihwasserbecken oder auch die Kirchenbänke sind erhalten geblieben.

Ein paar Meter von der Stelle entfernt, wo früher der Altar stand, landet Joel auf einer Matte. Kurz vor dem Übergang haben die Kräfte nachgelassen. "So weit bin ich noch nie gekommen", sagt er und wischt sich das Puder von den Händen, das an den Griffen für mehr Halt sorgt. Seit gut vier Jahren kommt der Schüler zum Klettern in die Kirche. "In mir löst das ein befreiendes Gefühl aus." Auch dass er sich stetig verbessert und immer wieder ein Stück weiter kommt, hält Joels Lust am Klettern aufrecht.

 Viel Kraft braucht Franziska Hecker für die schwarze Route. Mit dem Schwierigkeitsgrad "7+" liegt die Studentin im Klettern bereits über dem Durchschnitt.

Viel Kraft braucht Franziska Hecker für die schwarze Route. Mit dem Schwierigkeitsgrad "7+" liegt die Studentin im Klettern bereits über dem Durchschnitt.

Foto: Jana Bauch

Auf der anderen Seite der Kirche startet Franziska Hecker auf der schwarzen Route. Alle Griffe einer Farbe markieren jeweils einen Kletterweg, die Schwierigkeitgrade reichen von eins bis zwölf. Die 27-Jährige kommt erst seit einem halben Jahr regelmäßig in die Kletterkirche. Trotzdem hat sie bereits den Grad "7+" erreicht. "Das ist aber immer abhängig von der Tagesform", sagt Hecker. "Ich hab generell auch keine Angst vor Höhe, aber es gibt Tage, da höre ich auf halber Strecke auf, weil ich zu unsicher bin."

Am liebsten trainiert die Studentin mit ihrem Freund Jonas Hausen, der auch dieses Mal am Boden absichert. "Beim Klettern läuft auch sehr viel über Vertrauen, allerdings sollte der Gewichtsunterschied 40 Kilogramm nicht überschreiten", sagt Hausen. Für ihren Sport kommen die beiden am liebsten in die Kirche, weil es hier noch richtige Atmosphäre gibt. "Es riecht schon noch ein bisschen wie in der Kirche", sagt Hecker. "Besonders das Klima ist super, immer angenehm kühl, im Sommer und im Winter. Viele Leute würden herkommen, um sich das Klettern in der Kirche einfach nur anzusehen.

Neben der großen Hauptfläche mit 900 Quadratmetern Kletterwand, gibt es auf der Empore einen Bereich zum Bouldern. Hier kann ohne Seil oder Gurt und ohne Verletzungsgefahr aus Absprunghöhe geklettert werden. "Das Abenteuer über die Planke" heißt die Mutprobe. Dahinter verbirgt sich ein Pendelsprung aus rund acht Metern Höhe in die Kletterhalle.

 Im Obergeschoss zeigt Joel Jung seine Künste an der Boulderwand.

Im Obergeschoss zeigt Joel Jung seine Künste an der Boulderwand.

Foto: Jana Bauch

In den nächsten Monaten soll ein neuer Kletterturm im Hauptbereich entstehen. "Alles, was wir in so einem Gebäude mit Denkmalschutz bauen, braucht Zeit und viel Planung", sagt Fasbender. "Unser Pachtvertrag läuft noch 25 Jahre - da wollen wir natürlich immer wieder etwas Neues bieten."

(laha)
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