Mönchengladbach Wie ein Stammtisch für gute Nachbarschaft sorgt

Mönchengladbach · Die Einwohner des Wohn- und Pflegezentrums in Hehn gehören noch lange nicht zum alten Eisen. Neben Veranstaltungen und Ausflügen gibt es regelmäßig einen Stammtisch in der Kneipe um die Ecke.

In ein Pflegeheim zu gehen, bedeutet für die meisten die Ultima Ratio. Doch manchmal muss diese Entscheidung getroffen werden. Den Kontakt zu seiner Heimat und anderen Menschen nicht zu verlieren, ist dabei sehr wichtig, um sich trotz allem nicht ausgegrenzt und abgeschoben zu fühlen. In Hehn sind die Bewohner des Pflegeheims mitten im Geschehen. Ein Grund dafür ist der Stammtisch, der einmal im Monat im Haus Heiligenpesch um die Ecke stattfindet.

"Essen hält Leib und Seele zusammen. Nicht jeder nimmt unsere offenen Angebote wahr. Wir wollten auch draußen Präsenz zeigen und haben auf diese Art auch schon einige Ehrenamtler gewinnen können. Es ist eine tolle Plattform mal aus dem Haus zu kommen. Hier treffen wir die Nachbarschaft, die nach der Kirche zum Frühschoppen kommt", sagt Michaela Frimmersdorf, Leitung des Sozialen Dienstes. Auf diese Weise wurde auch Günther Dautzenberg als Räuber Hotzenplotz oder für den Einsatz als Nikolaus gewonnen: "Es sollte ein Tagesausflug gemacht werden. Ich wurde angesprochen und habe den Räuber Hotzenplotz gemacht. Ich übernehme aber auch Arztbesuche oder mache den Nikolaus", erzählt er.

Nach und nach trudeln die Gäste ein und nehmen am liebevoll gedeckten Tisch Platz. Es wird viel erzählt und gelacht. Der Stammtisch bietet für Bewohner und Mitarbeiter die Gelegenheit, abseits des Heimalltags miteinander in Ruhe zu sprechen. Frimmersdorf weist auf einen besonderen Programmpunkt hin. "Es kommt eine Puppenspielerin ins Haus, und die Kinder aus dem Kindergarten kommen auch dazu."

Dann kommen die Speisekarten, aber Reiner Corres weiß schon, was er möchte: Russenei! Er ist ein Urgestein beim Stammtisch, alle kennen ihn. Er freut sich jedes Mal, wenn er wieder jemanden erkennt, und lacht.

Nellie Ortlieb ist mit ihrer Alltagsbegleiterin Renate Bardy gekommen, sie ist ein regelmäßiger Gast: "Ich schätze das Angebot. Man bekommt immer etwas geboten", erzählt die Rentnerin. Marianne Kirschbaum ist zum ersten Mal dabei und begleitet ihren Mann, der im Pflegeheim wohnt. Dieser Schritt ist ihr nicht leicht gefallen, aber sie ist froh, ihren Mann gut versorgt zu wissen. "Er ist zufrieden. Ich kann ihn täglich besuchen. Mit der Zeit hat sich ein Vertrauensverhältnis aufgebaut und man kennt sich."

Ohne Ehrenamtliche ist die Arbeit im Heim und beim Stammtisch nicht zu stemmen. Die beiden Schwestern Helga Freisinger und Magret Ohligschläger helfen seit zehn Jahren im Heim. "Wir sind für alles zuständig. Einmal im Monat wird zusammen gekocht. Wir begleiten die Veranstaltungen von Frau Frimmersdorf", erzählen die beiden. Als das Essen kommt, wird es für kurze Zeit noch mal still. "Wie, du hast kein Russenei?", fragt Frimmersdorf. Alle lachen - Reiner hat sich statt seiner Leibspeise für Sauerbraten und Klöße entschieden.

(eba)
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