Serie Denkanstoß Wie "Scheiß-Kerze" für Frieden sorgt

Mönchengladbach · Für Pfarrer Dedring ein Glücksfall: Zweimal gibt es ein Weihnachtslieder-Singen vor der Hauptkirche.

 Wie eine brennende Kerze für Frieden sorgen kann: Der Rheydter Pfarrer Stephan Dedring erzählt eine Geschichte vom Weihnachtslieder-Singen.

Wie eine brennende Kerze für Frieden sorgen kann: Der Rheydter Pfarrer Stephan Dedring erzählt eine Geschichte vom Weihnachtslieder-Singen.

Foto: dpa

Traditionell findet seit langem das ökumenische Weihnachtslieder-Singen jedes Jahr an Heiligabend um 24 Uhr auf dem Rheydter Marktplatz vor der Evangelischen Hauptkirche statt: mit Posaunenchor, Liedern und Kerzen- natürlich auch in diesem Jahr! Das Liedersingen hat aber auf Initiative von MKV-Chef Bernd Gothe und seines Karnevalsverbandes nun noch einen Ableger bekommen: Bereits am 22. Dezember soll es ein weiteres Weihnachtssingen vor unserer schönen Hauptkirche auf dem Rheydter Markt geben.

Wie schon beim Karneval gilt die Einladung ausdrücklich auch allen Migranten und Flüchtlingen, die unser Brauchtum zum Weihnachtsfest auf diese Weise kennenlernen und mitfeiern können sollen. Wir freuen uns über alle, die mitmachen.

Eine Begebenheit an Heiligabend vor ein paar Jahren kann zeichenhaft deutlich machen, welche unerwarteten Chancen in solch einem Weihnachtssingen stecken: Beim Austeilen der Kerzen war eine unserer Helferinnen auf eine Gruppe junger Männer gestoßen, die offenbar gerade etwas Zoff hatten und sich anpflaumten. Eigentlich wollte keiner eine Kerze annehmen, aber irgendwie gelang es der Austeilerin dann doch, Kerzen an die jungen Männer zu verteilen. Nach dem Liedersingen, dem Lesen der Weihnachtsgeschichte aus der Bibel und dem weihnachtlichen Segen kam die Mitarbeiterin nach der Veranstaltung zufällig in der Nähe der Gruppe der jungen Männer vorbei und hörte einen von ihnen sagen: "Jetzt hat mich diese Scheiß-Kerze ganz friedlich gemacht."

Diese Kraft des weihnachtlichen Friedens, in der die Kraft der Veränderung steckt, wünsche ich allen: Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, allen, die am 22. und am 24. Dezember zum Weihnachtsliedersingen kommen und den vielen, die die zahlreichen Gottesdienste und Weihnachtsfeiern in den vielen Kirchen unserer Stadt besuchen. Möge die beruhigende Kraft des Weihnachtsfriedens auch durchhalten und ausstrahlen auf alle Feiern zu Silvester.

Es ist und bleibt doch eine ungeheure Botschaft, die zu Weihnachten vom Weihnachtsengel von dem Jesus-Kind in der Krippe verkündet wird: "Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden!" Davon handeln und tönen auch die Weihnachtslieder. Das ist auch der Kern allen Brauchtums und aller Weihnachtsstimmung, die wir so mögen: Das Vertrauen auf Gottes Nähe im Kind Jesus führt die Menschen in Frieden zueinander, schon damals Hirten und Könige, also Einheimische und Migranten. Ohne diese Friedensbotschaft bleibt alles andere hohl oder ist Missverständnis und Missbrauch ausgesetzt.

Es wäre schön, wenn viele auf dem Rheydter Marktplatz vor der Hauptkirche von diesem Frieden singen würden, damit der Friedensruf laut erschallt in unserer Stadt.

STEPHAN DEDRING IST PFARRER DER EVANGELISCHEN HAUPTKIRCHE IN RHEYDT

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort