Mönchengladbach Wie sich die Angst vor dem Fremden breitmacht

Mönchengladbach · Im "Grünen Salon" entspann sich eine interessante, komplexe Debatte über das zerstörerische Wesen von Ressentiments.

Sind Ressentiments der Treibstoff einer Gesellschaft der Angst - oder ist vielleicht nicht eher Angst der Motor für Ressentiments? Die Umkehrung der Themenstellung zur sechsten Auflage des "Grünen Salons" trieb sicherlich nicht nur einen der Besucher der sehr komplexen Debatte um. Auf Einladung des Grünen Salons in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung diskutierten Reinhard Olschanski (Grüne) und Dieter Breymann (CDU) in der Volkshochschule über den Geist der gefühlsmäßigen, oft unbewussten Abneigung, die vorgebliche Feinde und Bedrohungen konstruiert. Grundlage der von Anna Tötter moderierten Debatte und anschließenden offenen Diskussion war Olschanskis neues Buch "Ressentiment - Über die Vergiftung des europäischen Geistes".

Der Autor berichtete, dass Debatten über Europa, Grexit und Flüchtlingsfrage die Entstehung seines Buches begleitet haben. "Da war immer ein Thema, wo Ressentiments geschürt wurden", sagte der Philosoph. Er beschreibt im Buch, wie überwunden geglaubte Denkmuster wiederbelebt und um neue Vorurteile ergänzt werden. Am Beispiel des niederländischen Populisten Geert Wilders zeigt er eine moderne Form des Ressentiment-Denkens: Bei Umfragen zu "Störungen" von Niederländern durch Einwanderer habe Wilders Landkarten "mental" besetzt. Durch den doppelten Ortsverweis ergebe sich ein Dualismus zwischen den Guten und Schlechten. Solche Ergebnisse seien "Aushöhlung des Geistes von Europa, der einen langen Frieden schenkte".

Dabei habe es geschienen, als sei etwa in der Überwindung der "Erbfeindschaft" zwischen Deutschland und Frankreich die Welt der Ressentiments ein Stück aufgebrochen, so Olschanski. Dieter Breymann ergänzte das Thema um die Frage, wie mit strittigen Themen umgegangen werde. "Wie kommen wir bei der politischen Auseinandersetzung, die zunehmend emotionalisiert wird, wieder zur Basis, auf der sachlich argumentiert wird?", fragte der Ratsherr und kulturpolitische Sprecher der CDU. Er kritisierte, dass Debatten von Parlament und Gremien nicht mehr medial übertragen und wahrgenommen würden. Stattdessen würde in Talk-Sendungen mit Blick auf Quoten und Entertainment diskutiert.

Breymann hinterfragte auch den Umgang mit möglichen Opfern der Populisten. Auf die Befürchtungen von Menschen, die sich benachteiligt fühlen, müsse eingegangen werden. Beim Thema Religion bemängelte er, dass die Diskussion mit dem Islam nicht auf theologischer Ebene geführt werde, sondern fast ausschließlich auf Lebensverhältnisse ziele. "Typen, die in Dresden das christliche Abendland retten wollen, haben noch keine Kirche von innen gesehen", monierte Breymann.

Uneinig waren sich die Debattanten, wie der optimale Umgang mit Pegida-Aufmärschen aussähe. Olschanski empfahl Gegendemonstrationen, Breymann fürchtete, damit eine Wichtigkeit zu verleihen, die nicht verdient sei.

(anw)
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