Mönchengladbach Wie Susanne Goga das Haus in der Nebelgasse fand

Mönchengladbach · Die Schriftstellerin Susanne Goga begibt sich in fremde Städte und Zeiten. Und nimmt ihre Leser mit. Diesmal geht's nach London.

 Susanne Goga mit ihrem neuesten Buch. RP-Fotograf Detlef Ilgner zauberte passend zum Titel ein bisschen Nebel ins Bild.

Susanne Goga mit ihrem neuesten Buch. RP-Fotograf Detlef Ilgner zauberte passend zum Titel ein bisschen Nebel ins Bild.

Foto: Ilgner Detlef

Manchmal ist ihr ganz mulmig zumute. Immer dann nämlich, wenn ihr die Parallelen zwischen der Weimarer Republik und dem heutigen Auftreten der AfD und vergleichbarer Parteien und Gruppierungen bewusst werden. Ihre Geschichten von Kommissar Leo Wechsler spielen in den frühen 1920er Jahren in Berlin. "Damals wie heute ist die Sprache verroht, es werden Feindbilder erzeugt und Ängste geschürt", sagt Susanne Goga. Die Nationalsozialisten machten sich die wirtschaftliche Not der Menschen und ihre Ängste zunutze. "Glücklicherweise gibt es in unserer Zeit keine wirklich charismatische Person, die die Massen mobilisieren könnte." Die Schriftstellerin vermutet, dass braunes Gedankengut schon lange in vielen Deutschen schlummert. "Die Flüchtlingssituation und die vermeintlichen Bedrohungen durch die Fremden gibt ihnen nun die Möglichkeit, lauthals loszupoltern." Der Nationalsozialismus sei nicht über Nacht gekommen, sagt sie. Es sei auch heute dringend nötig, sehr genau hinzuschauen.

Der sechste Leo-Roman ist in Arbeit. Fertig ist hingegen ihr Buch "Das Haus in der Nebelgasse". Die Handlung ist im Jahr 1900 in London angesiedelt. Die Lehrerin Matilda Gray wohnt zur Untermiete bei der Autorin Mrs. Westlake. Die Schülerin Laura offenbart Matilda ihre Liebe - und kehrt nach den Sommerferien nicht mehr ins Internat zurück. Wegen gesundheitlicher Probleme habe ihr Vormund sie auf eine Reise in den Süden mitgenommen. Dann kommt das Haus in der Nebelgasse ins Spiel . . .

"Dieses Haus gibt es wirklich", sagt Susanne Goga. Auf der Suche nach einem typischen Kaufmannshaus in London stieß sie auf das alte Anwesen am Laurence Poutney Hill - mitten in London. "Der Friedhof unter dem Garten, die beiden zusätzlichen Stockwerke, die Falltür im Gehweg, die römischen und mittelalterlichen Mauern im Keller - das alles ist real", schreibt die Schriftstellerin im Nachwort ihres Buches. Archäologische Forschungen über das alte Haus hätten all diese Besonderheiten bestätigt.

Für die Leo-Geschichten hat Susanne Goga ausgiebig in Berlin recherchiert, für ihr neues Buch hat sie Bücher gelesen, im Internet recherchiert, alte Londoner Stadtpläne studiert und - natürlich war sie nicht nur einmal in der britischen Metropole. Die Bücher "London - eine Biografie" und "London Under" von Peter Ackroyd hätten schließlich den Ausschlag gegeben. "Diese spannenden Geschichten über die britische Hauptstadt und ihre Unterwelt ließen mich nicht mehr los."

Susanne Goga hat Literaturübersetzen in Düsseldorf studiert. Neben ihrer eigenen schriftstellerischen Arbeit übersetzt sie englische Romane ins Deutsche - sehr gerne von Peter James und Chris Cleave. "Es ist eine anstrengende Arbeit, aber sehr befriedigend." Und sie könne Kapitel für Kapitel abhaken. Das kann sie bei den eigenen Geschichten nicht. "Die trage ich immer mit mir." Und es komme durchaus vor, dass sie während einer Autofahrt plötzlich eine Idee habe, die die Handlung vorantreiben könnte. "Dann halte ich an und notiere mir den Gedanken." Die besten Einfälle habe sie aber beim Zähneputzen. "Keine Ahnung, warum das so ist, aber es passiert tatsächlich häufig", sagt Susanne Goga. Und lacht.

(RP)
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