Mönchengladbach Wiener Charme, Pariser Esprit und hohe Schule des Geigenspiels

Mönchengladbach · Der junge Solist Professor Linus Roth spielte das Violinkonzert von Benjamin Britten im fünften Sinfoniekonzert.

 Ein besonders vielfältiges Programm stand diesmal auf dem Programm der Niederrheinischen Sinfoniker. Hier erweisen die Musiker und Generalmusikdirektor Mihkel Kütson dem Publikum zum Konzertbeginn ihre Reverenz.

Ein besonders vielfältiges Programm stand diesmal auf dem Programm der Niederrheinischen Sinfoniker. Hier erweisen die Musiker und Generalmusikdirektor Mihkel Kütson dem Publikum zum Konzertbeginn ihre Reverenz.

Foto: Detlef Ilgner

Britisch ging es im ersten, französisch im zweiten Teil des fünften Sinfoniekonzerts zu. Die Niederrheinischen Sinfoniker starteten im Konzertsaal des Theaters mit dem Stück "Walk to the Paradise Garden", komponiert von Frederick Delius. Der war 1862 in England als Kind eingewanderter deutscher Eltern geboren und wurde bis zu seinem 40. Lebensjahr Fritz genannt. Seine Komposition, die nicht wenig an Filmmusik erinnert, gab dem Orchester und seinem Dirigenten Mihkel Kütson Gelegenheit, sorgfältig einstudierte Klangkultur zu demonstrieren. Homogen, mit subtiler Tonqualität warteten die Streicher auf, tadellos gelangen die Solostellen der Bläser.

Mit einem beachtlichen Pensum beeindruckte der Solist des Abends Linus Roth, Violinprofessor am Leopold-Mozart-Zentrum in Augsburg. Dem Violinkonzert von Benjamin Britten begegnet man nicht oft im Konzertsaal. Das ist durchaus verständlich, denn das Werk steckt voller geigerischer Schwierigkeiten, von denen sich Britten wohl einige bei Paganini abgeschaut hat. Doppelgriffe im Flageolett oder mit Pizzikato der linken Hand kombiniert gehören zweifellos zur ganz hohen Schule des Geigenspiels. Allerdings hatte man weder beim Hören noch beim Zusehen den Eindruck, dass Roth mit den extremen technischen Anforderungen irgendwelche Schwierigkeiten hatte. Und nicht nur das. Nach begeistertem Beifall wählte Linus Roth als Zugabe noch ein Stück von höchsten technischen Anforderungen, die dritte Solosonate (Ballade) des belgischen Geigers Eugène Ysaÿe.

Über den technischen Fähigkeiten des Ausnahme-Geigers darf seine musikalische Gestaltungsfähigkeit nicht übersehen werden. Das Zusammenspiel mit dem Orchester klappte problemlos. Warum auch nicht? Schließlich haben Roth und Kütson dieses Werk schon gemeinsam auf CD aufgenommen.

Zwei Meisterwerke des französischen Impressionismus standen im zweiten Teil auf dem Programm, Debussys "La mer" und Ravels "La valse". Beide Werke waren mit viel Sinn für musikalische Feinjustierung einstudiert. Wer wollte, konnte in den fein ziselierten Klängen von "La mer" das Plätschern der Wellen und das Säuseln des Windes hören.

Mit Wiener Charme und Pariser Esprit faszinierte schließlich "La valse". Einerseits kam - mit kleinen, geschickten Tempoverzögerungen - das typisch Wienerische voll zum Zuge. Andererseits wurde das bedrohliche Element nicht vernachlässigt, das, vom Komponisten bewusst oder unbewusst zum Ausdruck gebracht, den Zusammenhang zwischen der Walzerseligkeit der "Belle Époque" und dem gedankenlosen Taumeln in den Ersten Weltkrieg erahnen lässt.

Begeisterter Beifall für ein hervorragendes Konzert.

(-tr)
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