Redaktionsgespräch Karl Sasserath Wir sind für höhere Parkgebühren

Mönchengladbach · Der Fraktionsvorsitzende der Grünen spricht über das rot-grüne Verhältnis nach der Ampel, neugewonnene Freizeit sowie die Verantwortung der Außenbezirke. Er erklärt zudem, warum er nicht im Minto einkaufen geht, es aber trotzdem gut findet.

 "Die Außenbereiche müssen damit klarkommen, dass sie nicht auf einer Insel der Glückseligkeit wohnen und ihren Teil zur Konsolidierung beitragen müssen", sagt Karl Sasserath. Deshalb sollten auch dort Parkgebühren erhoben werden.

"Die Außenbereiche müssen damit klarkommen, dass sie nicht auf einer Insel der Glückseligkeit wohnen und ihren Teil zur Konsolidierung beitragen müssen", sagt Karl Sasserath. Deshalb sollten auch dort Parkgebühren erhoben werden.

Foto: isa

Herr Sasserath, vor gut einem Jahr war die Kommunalwahl. Seitdem sind Sie nicht mehr Süd-Bezirksvorsteher, nachdem das Ampel-Bündnis schon vorher gescheitert war. Was machen Sie jetzt als politischer Halbpensionär?

Karl Sasserath Ich nutze die gewonnene Freizeit, um mich zu regenerieren und sie mit Menschen aus meinem Umfeld zu verbringen. In meiner Zeit als Bezirksvorsteher hatte ich neben meiner Berufstätigkeit an den Wochenenden bis zu sechs Termine wahrzunehmen. Nach zehn Jahren in dieser Position finde ich es gut, wieder etwas mehr Freiraum zu genießen.

Wie beurteilen Sie die Arbeit von CDU und SPD seit der neuen Kooperation?

Sasserath Es wurden einige Anträge von der GroKo durch den Rat gebracht, aber substanzielle Ergebnisse erkenne ich bislang noch nicht. Stichwort Sauberkeit. In Mönchengladbach soll ein Kompetenzzentrum aufgebaut werden, aber ich kann aktuell noch nicht erkennen, wie das Ergebnis später aussehen wird.

Fühlen Sie sich als Grüne ausreichend im politischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess mitgenommen?

Sasserath Seitdem SPD und CDU die Zweidrittelmehrheit im Stadtrat haben, kommt es mir schon vor, als würden einige Entscheidungsträger übermütig auftreten. Das birgt natürlich die Gefahr einer gewissen politischen Trägheit. Leute aus der CDU treten mir gegenüber zum Teil anders entgegen als vorher, fühlen sich überlegen. Das macht mich zwar nicht mutlos, gibt mir aber zu denken.

Haben sich die Grünen in der Oppositionsrolle gefunden?

Sasserath Ich bekleide seit 1984 politische Mandate und wir brauchten 25 Jahre, bis wir in eine Einflussposition kamen, in das Zentrum der Macht gelangten. Jetzt wieder ins zweite Glied zu rücken, kann für die Generation von Grünen, die nur die Zeit ab 2004 kennt, schon frustrierend sein. Sie waren es gewohnt, durch ihr Handeln auch sichtbare Ergebnisse zu erzielen. Da wir jetzt aber wieder in der Oppositionsrolle sind, ist es schon schwer zu akzeptieren, wenn die Mehrheit einem sagt: "Was du politisch machst, das interessiert mich nicht."

Gibt es Schnittmengen in der Opposition zu anderen Fraktionen? Zum Beispiel der FDP, AfD oder zu Piraten und Partei, kurz PiPa?

Sasserath Hans-Werner Schoutz von der AfD kenne ich noch gut aus seiner Zeit bei der CDU, bin mit ihm per du und spreche mit ihm auch weiter über politische Themen. Schnittmengen zur Partei, den Linken oder den Piraten gibt es auch. Christian Ibels von der PiPa vertritt uns beispielsweise im Schul- und Bildungsausschuss. Die FDP hingegen ist als Opposition nicht erkennbar.

Herrscht zwischen den Grünen und der SPD Eiszeit? Und ist auf lange Sicht Rot-Grün in Mönchengladbach wieder denkbar?

Sasserath Fest steht, dass die SPD ihre Probleme selbst lösen muss. Eine Gesprächskultur zwischen beiden Parteien erkenne ich derzeit nicht. Doch ich bin der festen Überzeugung, dass das Ampel-Bündnis ein gutes Projekt für die Stadt und insgesamt eine positive Erfahrung war. Wir haben schwierige Entscheidungen in einer gleichwohl schwierigen wirtschaftlichen Zeit treffen müssen. Viele Projekte in Mönchengladbach tragen unsere Handschrift. Auch die Pläne für das Minto sind schließlich in der Ampelphase entwickelt und verabschiedet worden.

Wie gefällt Ihnen das neue Einkaufscenter? Waren Sie da schon einkaufen?

Sasserath Nein, ich war dort noch nicht einkaufen, da bevorzuge ich andere Lokalitäten. Aber viele Menschen in Mönchengladbach sehen das Minto als Bereicherung. Und da mittlerweile fast jede Großstadt in Deutschland ein solches Einkaufszentrum hat, muss ich es ja gut finden, dass auch Mönchengladbach nun dazuzählt.

In der Stadt gibt es inzwischen viele Tempo-30- und Tempo-40-Zonen: Entwickelt sich der Straßenverkehr in MG in Richtung grünes Ideal?

Sasserath Vom Ideal sind wir noch sehr weit entfernt. Viele Maßnahmen, wie zum Beispiel die Verlegung von Flüsterasphalt, verlangt die Gesetzgebung der Europäischen Union von der Stadt. Dahinter steht kein "Neues Denken. Neues Handeln". Das sind Forderungen von außen, keine neue Mönchengladbacher Politik. Ein Paradigmenwechsel ist da nicht zu erkennen.

Beim Thema Parkgebühren-Erhöhung hielten sich die Grünen öffentlich auffällig zurück. Welche Position hat die Fraktion?

Sasserath Wir sind für die Einführung von Parkgebühren in den Außenbereichen und für eine Erhöhung der Gebühren in der Innenstadt. Allerdings nur, bis das Konsolidierungsziel erreicht ist. Klar ist, dass wir eine Lösung für die Gesamtstadt brauchen. Die Außenbereiche müssen damit klarkommen, dass sie nicht auf einer Insel der Glückseligkeit wohnen und ihren Teil zur Konsolidierung beitragen müssen, weil die Stadt nach wie vor in einer finanziellen Krise steckt.

Es fällt immer wieder auf, dass die Gladbacher Grünen ziemlich überaltert sind. Wo ist der politische Nachwuchs?

Sasserath Fakt ist: Wir können nur mit den Menschen arbeiten, die auch da sind. Was mir aber aufgefallen ist, ist dass wir gerade für ältere Menschen ab 60 sehr attraktiv bleiben und viele neue Mitglieder aus dieser Altersgruppe zuletzt hinzugestoßen sind. Das lässt sich nicht abstreiten. Aber auch junge Menschen bekommen bei den Grünen weiterhin schnell eine Chance, politisch aktiv zu werden und sich einzubringen.

Sie waren vor kurzem schwerer erkrankt. War das ein Zeitpunkt, an dem Sie Ihren politischen Einsatz überdacht haben?

Sasserath Selbstverständlich habe ich über bestimmte Dinge nachgedacht. Eine Zäsur war es definitiv. Auch habe ich daraus erste Konsequenzen gezogen. Zum Beispiel gehe ich häufiger früher nach Hause. Mit meiner Partnerin Ulla Brombeis koche ich gerne zusammen. Darüber hinaus nutze ich die Wochenenden intensiver, um mich zu erholen. Früher gab es Zeiten, da war ich keinen Tag vor 20 oder 22 Uhr zu Hause und dann warteten dort die Sitzungsunterlagen und die Erledigung der Aufgaben per Email.

Gibt es bei Ihnen einen Plan, wann Sie sich politisch zurückziehen?

Sasserath Ich habe von meiner Partei noch kein Signal bekommen, dass sie auf mich verzichten wollen. Ich bin jetzt 62 Jahre und weiß genau, was ich mir zutrauen kann und was nicht. Ich werde nicht an meinem Sessel kleben. Aber solange mir junge Leute wie mein Stellvertreter Boris Wolkowski, der immer mehr Verantwortung übernimmt, kein Signal geben, bleibe ich dabei.

DIETER WEBER, JAN SCHNETTLER UND SEBASTIAN BERGMANN FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(RP)
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