Mönchengladbach Wo Bello und Fiffi an der Wursttheke stehen

Mönchengladbach · Bei "Fresskultur" in Eicken ist der vierbeinige Kunde König: In der Metzgerei bekommen Hunde statt Kinder eine Scheibe Wurst.

 Rüde Pacco (Mitte) und Hündin Emma (rechts) warten an der Wursttheke, bis es ein Stück Gulasch von Sylvia Werner gibt. Dieser Service kommt bei den Besitzern der Vierbeiner gut an.

Rüde Pacco (Mitte) und Hündin Emma (rechts) warten an der Wursttheke, bis es ein Stück Gulasch von Sylvia Werner gibt. Dieser Service kommt bei den Besitzern der Vierbeiner gut an.

Foto: Silvana Brangenberg

Emma und Lotte können es kaum abwarten, bis ihre Lieblingsmetzgerei öffnet. Als ihnen die Ladentür geöffnet wird, stürmen die Französischen Bulldoggen die vier Stufen zum Geschäft hinauf in Richtung Wursttheke. Dort angekommen, werden sie bereits von Sylvia Werner erwartet, die ihnen ein Stück Gulasch entgegenhält. In der Metzgerei der 52-Jährigen an der Eickener Straße 99 sind Tiere ausdrücklich erwünscht.

Denn hier ist der Vierbeiner König. Bei "Fresskultur" gibt es Frisch- sowie Tiefkühlfleisch aus artgerechter Haltung. Die Ware bezieht Sylvia Werner direkt von Bauern aus der Region, die sie persönlich aufgetan hat.

Seit vier Jahren betreibt die gebürtige Mönchengladbacherin die Metzgerei für Vierbeiner in Eicken. Die Geschäftsidee entwickelte sich eher zufällig. "Ich bin 2007 mit meinem Mann und meinen zwei Hunden auf einen Hof in Schwalmtal gezogen", erzählt Sylvia Werner. Nach dem Prinzip der Biologisch Artgerechten Rohfütterung (BARF) ernährt sie ihre Vierbeiner mit Fleisch sowie frischem püriertem Obst und Gemüse anstatt mit Trockenfutter.

Doch die Bezugsquellen waren nicht so, wie Sylvia Werner sich das vorstellte: "Wenn ich meine Hunde artgerecht ernähre, dann will ich auch, dass das Fleisch von Tieren stammt, die artgerecht gehalten wurden." Also machte sie sich in Schwalmtal auf die Suche nach Bauern, die selber schlachten. In der Hundeschule, die Sylvia Werner seit vielen Jahren betreibt, sprach sich das schnell herum.

"Und so habe ich ständig für meine Kunden Frischfleisch durch die Gegend gefahren", sagt die 52-Jährige. Weil die Nachfrage immer größer wurde, kam ihr die Idee, ein Geschäft zu eröffnen, in dem sie das Fleisch aus artgerechter Haltung verkaufen konnte.

Der Plan, die Geschäftsidee auf ihrem Hof umzusetzen, scheiterte jedoch wegen immenser Umbaukosten. Durch Zufall hörte Sylvia Werner von einer Frau in Mönchengladbach, die nach dem Tod ihres Mannes eine Metzgerei in Eicken verkaufen wollte. "Eigentlich wollte ich ihr nur den Gerätepark abkaufen, um das Fleisch vernünftig verarbeiten zu können", erzählt die Hundetrainerin. Doch die Witwe blieb hart. Der Gedanke, die Metzgerei zu kaufen, bereitete Sylvia Werner Bauchschmerzen. Doch letzten Endes siegte die Überzeugung über ihre Zweifel.

Mittlerweile hat die 52-Jährige den Hundeschulbetrieb eingestellt, um sich nur noch auf die Verhaltensberatung von Hunden sowie ihre Metzgerei konzentrieren zu können. Seitdem beginnt jeder Arbeitstag der Geschäftsfrau um fünf Uhr morgens. Dann fährt sie die Bauern der Region ab, um frisches Fleisch sowie Obst und Gemüse zu besorgen, um es später in ihrem Laden in Eicken mithilfe ihres Metzgers zu verarbeiten. Unter der Woche öffnet Sylvia Werner das Geschäft für ihre vierbeinige Kundschaft von 13.30 bis 18.30 Uhr, samstags von 10 bis 13.30 Uhr.

Hund Pacco, der zwei Häuser weiter wohnt und immer vor dem Kiosk seines Herrchens liegt, weiß ganz genau, wann bei "Fresskultur" geöffnet ist. "Sobald er den Aufsteller vor meinem Geschäft sieht, hält ihn nichts mehr auf seinem Platz", erzählt Sylvia Werner.

Und wenn seine Besitzer nicht schnell genug reagieren, dann macht Pacco lautstark auf sich aufmerksam. Emma und Lotte sehen das ganz gelassen. Ihr Einkaufskörbchen ist schon voll. Und sie wissen ganz genau, dass sie in einer Woche wieder bei Sylvia Werner mit Fleisch aus artgerechter Haltung versorgt werden.

(RP)
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