Mönchengladbach XXL-Transport: Zwei Trafos gehen auf Reise

Mönchengladbach · Am Freitag fiel der Startschuss für den Schwertransport zweier Strom-Trafos von Rheydt nach Niedersachsen. Wir sind mitgefahren.

 Ampelanlagen müssen zur Seite gedreht und Brücken stabilisiert werden.

Ampelanlagen müssen zur Seite gedreht und Brücken stabilisiert werden.

Foto: Christian Kandzorra

Ganz langsam geht es vorwärts, Zentimeter für Zentimeter rollt eine Achse nach der anderen auf die flache Stahlkonstruktion, die das erste Hindernis an diesem Donnerstagabend entlasten soll: die Brücke über der Fußgänger-Unterführung an der Gartenstraße. Bis dahin kam der Schwertransport gut voran, doch jetzt müssen die vier Fahrer des Konvois Fingerspitzengefühl an den Tag legen. Ingolf Fischer ist einer von ihnen. "Ich muss die Augen überall haben", sagt der Berufskraftfahrer.

Er gibt sachte Gas, ruft die Leistung seiner 600 PS starken Zugmaschine ab. Die hat ordentlich zu kämpfen mit dem 472 Tonnen schweren Stromtransformator, der auf einem Schwerlast-Anhänger mit 20 Achslinien durch die Straßen manövriert wird. Der Motor brummt plötzlich lauter, wieder geht es ein paar Zentimeter weiter. "Das ist schon eine große Nummer", sagt Ingolf Fischer, der diesmal die Zugmaschine des ersten der beiden gleich großen und schweren Trafo-Transporter steuert. "Jetzt nur nicht irgendwo anecken."

Mönchengladbach: XXL-Transport: Zwei Trafos gehen auf Reise
Foto: Christian Kandzorra

Die Transformatoren sollen im niedersächsischen Dörpen Stromspannung auf die richtige Voltzahl bringen, damit sie ins Versorgungsnetz fließen kann. Damit sind die Trafos Teil eines neuen Projekts, bei dem Energie mit Hilfe von Offshore-Windparks in der Nordsee gewonnen und ins Stromnetz des Festlandes eingespeist werden soll. "Wir haben den Auftrag vor 16 Monaten bekommen. Das sind die größten und schwersten Transformatoren, die wir am Standort Rheydt je hergestellt haben", sagt Projektleiter Volker Merken vom Unternehmen General Electric Grid Solutions, für deren Großgeräte immer wieder Schwertransporte notwendig sind. "Dieser hat es allerdings in sich", erzählt Reinhard Treutler von der Bornheimer Schwertransport-Firma Baumann, die mit einer Unterbrechung bis Düsseldorf-Lörick für den XXL-Transport zuständig ist.

Das erste Etappenziel am Donnerstagabend: eine Landstraße bei Korschenbroich, wo der Transport den Tag über stehenbleiben soll, um den Verkehr nicht unnötig zu behindern. "Die Strecke ist knapp zwölf Kilometer lang", sagt Treutler, der für diesen Abschnitt die Verantwortung trägt. Von Routine mag er nicht sprechen. "Die Maßnahmen, die wir für den Transport ergreifen müssen, sind immens. Beide Trafos müssen mehrere mindertragfähige Brücken passieren und gleich zweimal auf noch größere Transporter umgeladen werden, um zwischen Korschenbroich und Kaarst eine Eisenbahnbrücke überqueren zu können." Ein Experten-Team hatte die gesamte Strecke bereits bei der Planung des Transportes mit einem 3D-Scanfahrzeug ausgemessen.

Alles war gut vorbereitet und bis ins Detail geplant - doch kurz bevor die Trafos am Donnerstagabend vom Hof rollen, taucht unerwartet ein Problem auf: Die Beleuchtung eines Begleitfahrzeugs, das eigentlich den nachrückenden Verkehr warnen soll, funktioniert nicht. "So können wir den Transport nicht fahren lassen", sagt Polizeihauptkommissar Sascha Hoitz, der mit sieben Kollegen die Straßen sperrt und den Nachttransport absichert. Für ihn ist die Aktion auch etwas Besonderes: "Die Technik, die dahinter steckt, begeistert mich." Und trotzdem: Sicherheit muss sein. Die Firma Baumann organisiert schnell ein Ersatz-Fahrzeug, so dass die beiden Gespanne endlich losfahren können. Schon vor dem Betriebshof verfolgen viele Neugierige das Spektakel. "Sowas kenne ich nur aus dem Fernsehen", erzählt etwa Stephan Gerhards, der nur 100 Meter vom General-Electric-Betriebshof entfernt wohnt und noch nie die Möglichkeit hatte, einen derartigen Transport live zu verfolgen.

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Foto: Christian Kandzorra

Auch während sich die beiden jeweils 50 Meter langen Transporter mit einer Höchstgeschwindigkeit von 18 Kilometern pro Stunde ihren Weg durch Rheydt bahnen, schauen viele Menschen verblüfft aus dem Schlafzimmerfenster - schließlich erzeugen das Meer aus Gelb- und Blaulicht und das Brummen der schweren Lastwagen viel Aufmerksamkeit. Abgesehen von den Brücken, die aufgrund des jeweiligen Gesamtgewichts von 647 Tonnen mit Entlastungs-Systemen überquert werden müssen, geht der gesamte Transport über die Breite und Odenkirchener Straße in Richtung Korschenbroich schnell voran.

Unterwegs machen vier Verkehrstechniker den Weg frei und schwenken neben Ampelanlagen auch Schilder zur Seite. Gegen 5 Uhr morgens treffen beide Transporter in Korschenbroich ein. "Alles lief glatt", berichtet Baumann-Mitarbeiterin Inse Wiemers gestern Morgen. Damit kamen die Trafos trotz der anfänglichen Verzögerung doch noch schneller als erwartet am ersten Etappenziel an. Am 11. Dezember sollen sie nach einer Transportstrecke von 681 Kilometern in Niedersachen eintreffen.

(RP)
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