Mönchengladbach Zurückgelassen - Link & Kress im EA 71

Mönchengladbach · Subjektive Fotografie: So nennen Marc-Daniel Kress und Anna E. Link ihre Art von Fotografiekunst. Im städtischen Projektraum zeigen sie eine Auswahl ihrer Werke. Da geht es auch um tote Vögel und das Turmzimmer einer Kirche.

 Anna E. Link und Marc-Daniel Kress stellen einige ihrer Fotografien im Projektraum EA 71 aus.

Anna E. Link und Marc-Daniel Kress stellen einige ihrer Fotografien im Projektraum EA 71 aus.

Foto: Detlef Ilgner

Es schwebt ein eigenartiger Zauber über den unbeachteten, beiläufigen, benutzten, beschädigten Dingen, die am Straßenrand, in einem verlassenen Turmzimmer, in einem lang bewohnten und nun verlassenen Haus aufzufinden sind. Ein eigenartiger Zauber, der dem Menschen, der sie betrachtet, sich ohne Vorbehalt auf sie einlässt, fesselt und nicht mehr loslässt.

Genau das tun die Fotografen Marc-Daniel Kress und Anna E. Link. Sie beobachten, lassen sich ein, werden gefesselt und fasziniert und geben diese Faszination an ihr Publikum weiter.

Ab Samstag, 5. November, zeigen sie im EA 71 neue Arbeiten unter dem Titel "Zurückgelassen". Dem Titel ist ein Untertitel hinzugefügt: "Subjektive Fotografie". Nun ist jede Fotografie und mag sie noch so objektiv daherkommen, subjektiv. Aber was die in Mönchengladbach lebenden Künstler Link & Kress meinen, scheint darüber hinaus zu gehen: Ihr subjektiver Blick auf die Motive führt zurück in die Subjektivität der Fotografen, in ihre eigene Befindlichkeit, in ihre eigene Biografie. Und auf der anderen Seite auch in die des Betrachters.

Die Motive - sie sind alles andere als spektakulär (und das ist das Gute daran). "Heiligenwerkstatt", "Haus C." und "Kollateral" lauten die Titel der drei aktuellen Serien von Link & Kress, aus denen die Fotografen eine Essenz ausgewählt haben.

"Kollateral" zeigt ein halbes Dutzend Fotografien von toten Vögeln, wie sie jedem Spaziergänger, jedem Läufer, jedem Autofahrer begegnen. Gerade noch lebendig, liegen sie nun - wie schlafend, aber doch tot - auf dem Asphalt. Dorthin begibt sich Anna Link, geht ganz nah an das Wesen heran, um es mit ihrer Kamera zu erfassen. Begibt sich in die Perspektive des Vogels. Das gewählte Objektiv ermöglicht es, das Tier ganz scharf zu erfassen, während der Hintergrund verschwimmt. Es entsteht eine fast schon abstrakte Darstellung des Vogels. Und es entsteht die Schönheit des Maroden.

"Heiligenwerkstatt" haben Link & Kress ein Turmzimmer in einer Kirche genannt, in dem Überbleibsel aus alten und vielleicht auch gläubigeren Zeiten aufbewahrt werden: eine hier und da beschädigte Jesusfigur, neben der ein Terpentinbehälter abgestellt ist, ein Opferstock "für bedürftige Theologiestudierende", alte Liedhefte in einem Korb. Verlassen, unbeachtet - und dennoch höchst wertvoll?

"Haus C." wurde über lange Jahre bewohnt. Nun sind die Menschen fort. Was bleibt, ist der Schimmer, die Erinnerung ihrer Existenz, festgehalten in einem bunten Arbeitskittel, dem Tisch mit bunter Decke, auf dem noch Briefe liegen, die Brotschneidemaschine voller Krümel in der Küche. Würdevoll fangen Link & Kress ein Leben ein, eines, das im Betrachter einen Sturm von Erinnerungen auslösen wird. Alle Motive haben die Fotografen genauso vorgefunden. Allen Motiven gemeinsam ist der Gedanke über die Endlichkeit, die Vergänglichkeit, die Frage nach überdauernden Werten. Motive, die dem Betrachter viel zu denken aufgeben.

Die Ausstellung wird am Samstag, 5. November, um 19 Uhr im städtischen Projektraum EA 71 an der Eickener Straße 71 eröffnet. Es spricht Hannah Eckstein. Bis zum 27. November kann die Ausstellung samstags und sonntags von 12 bis 16 Uhr besucht werden.

(b-r)
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