Mönchengladbach Zwangsprostitution: Opfer will Prozess fernbleiben

Mönchengladbach · Auch am zweiten Verhandlungstag um Zwangsprostitution vor der Zweiten Großen Strafkammer des Landgerichts verfolgte der Angeklagte gestern den Prozess ruhig und gelassen. Kein Wunder, denn die 34-jährige Bulgarin, die der ebenfalls aus Bulgarien stammende Mann laut Anklage im September 2015 in seiner Wohnung an der Hindenburgstraße vergewaltigt und danach zur Prostitution in einem Gladbacher Bordell gezwungen haben soll, weigert sich, als Zeugin nach Deutschland zu kommen. Für den Angeklagten ist das von großer Bedeutung. Er bestreitet die Vorwürfe der Anklage komplett. Die Staatsanwältin wirft dem 34-Jährigen neben sexueller Nötigung, Zuhälterei, Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung auch Bedrohung vor.

Die Frau habe sich erneut geweigert, nach Mönchengladbach zu kommen, teilte das Gericht gestern mit. Sie wolle sich mit der "ganzen Sache" nicht mehr befassen. "Wir haben ihr zugesichert, dass sie die ganze Zeit bewacht werden wird, dass sie sich nicht um die Reisekosten kümmern muss", erklärte gestern der Kammervorsitzende. Deshalb soll die Frau am 22. Februar erneut zum Prozess geladen werden.

Der Frau war es am 6. Oktober 2015 gelungen, sich aus der Gewalt des Angeklagten zu befreien und sich an die Polizei zu wenden. Der 34-Jährige soll ihr zuvor sämtliche Ausweispapiere abgenommen und sie in ein Bordell gezwungen haben.

Gestern kamen die früheren Kolleginnen des Opfers in den Gerichtssaal und berichteten bereitwillig, wie sie damals die 34-Jährige kennengelernt hatten. So erinnerte sich eine 29-Jährige, dass ihr Freund damals mit dem Angeklagten zusammengewohnt habe. "Dort habe ich auch die Frau kennengelernt. Sie hat mir gesagt, sie wolle auch mal dort arbeiten, wo ich arbeite", so die Zeugin. Die Bulgarin, die dann wie sie damals im Bordell als Prostituierte arbeitete, habe nicht den Eindruck gemacht, als arbeite sie dort nicht freiwillig", erinnerte sich die 29-Jährige. Die Frage des Gerichts, ob sie den Angeklagten und die Frau für ein Paar gehalten habe, beantwortete sie mit der Bemerkung: "Das weiß ich nicht." Im Bordell habe es jedenfalls keinen Aufpasser gegeben, und für die Bulgarin sei die Zimmertür nicht verschlossen gewesen. Auch die anderen Kolleginnen aus dem Bordell konnten nichts dazu sagen, ob die neue Kollegin von dem Angeklagten zur Prostitution gezwungen wurde.

Auffallend war allerdings, dass der Angeklagte damals, als die Frau entkommen war, plötzlich aus seiner erst vor drei Monaten gemieteten Wohnung an der Hindenburgstraße auszog. Der Prozess wird fortgesetzt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort