Moers 120 000 feiern beim Nelkensamstagszug

Moers · Die Bilanz des Moerser Nelkensamstagszugs: Insgesamt feierten 59 Gruppen, 30 Motivwagen und viele Spielmannszüge, es kam aber auch zu 31 Strafanzeigen und drei Festnahmen.

 Gut abgesichert: Die LKW-Sperren sollten Anschläge wie auf dem Berliner Weihnachtsmarkt verhindern. Der Zug verlief entsprechend friedlich.

Gut abgesichert: Die LKW-Sperren sollten Anschläge wie auf dem Berliner Weihnachtsmarkt verhindern. Der Zug verlief entsprechend friedlich.

Foto: Dieker Klaus

Es ist kalt und windig, das Thermometer zeigt höchstens acht Grad an, doch das stört die ehemalige Karnevalsprinzessin Sabine Jamkowiak aus Moers und ihre 23-köpfige Gruppe nicht. Sie stehen in Erdbeerkostümen, als Prinz oder Monster verkleidet, an der Ecke Seminarstraße/Wilhelm-Schroeder-Straße, warten auf den Zug, und tanzen zur Musik aus ihrer kleinen Anlage im Bollerwagen. "Wir jubeln heute dem neuen Prinzenpaar zu und feiern die schönste Zeit im Jahr", ruft Jamkowiak.

120 000 Menschen haben am Samstag zwischen Moers und Homberg den Nelkensamstagszug besucht - nach Angaben der Polizei sei es nicht zu größeren Zwischenfällen gekommen. Dabei gab es durchaus Befürchtungen: Wohl noch nie waren die Sicherheitsvorkehrungen so hochgeschraubt worden wie in diesem Jahr. Viele Seitenstraßen links und rechts der Homberger Straße waren durch Lkw abgesperrt.

 Das Prinzenpaar in Aktion: Jenny I. und Klaus II. Saalfeld warfen der jubelnden Menge Kamelle zu.

Das Prinzenpaar in Aktion: Jenny I. und Klaus II. Saalfeld warfen der jubelnden Menge Kamelle zu.

Foto: Klaus Dieker

Dazu haben die Narren am Zugweg durchaus unterschiedliche Meinungen: "Natürlich geht die Sicherheit auf einem Karnevalszug vor, doch die Sperren finde ich ein wenig überzogen", meint etwa Sabine Jamkowiak, die in der Session 2014/15 mit ihrem Begleiter Marcus Dorok das Prinzenpaar des Grafschafter Karneval bildete. "Ich werde ohne Angst feiern und auch wenn etwas passieren würde, würde ich immer wieder zu Karnevalszügen gehen. Das ist ein Brauchtum, das ich nicht missen möchte."

Eine Mutter aus Duisburg-Rumeln, die in der Nähe der feiernden Gruppe mit ihrem Mann und drei Kindern auf den Zug wartet, sieht das anders. "Mir machen die vielen Anschläge in der letzten Zeit Sorgen", erzählt sie. "Ich finde es gut, dass die Stadt die LKW-Sperren organisiert hat. Ich bin Mutter von drei Kindern und möchte nicht, dass ihnen etwas passiert."

 Ein Helau auf Moers: die Zuschauer hatten viel Spaß.

Ein Helau auf Moers: die Zuschauer hatten viel Spaß.

Foto: Dieker Klaus

Einige Meter entfernt warten Maryanne und Björn Ritter mit ihren Zwillingstöchtern Alicia und Tiara (beide 6) auf den Karnevalszug. "Man kann schließlich nicht alles absperren. Und es gibt mehr Möglichkeiten als mit einem Fahrzeug in die Menge zu fahren", meint Björn Ritter.

Als die 30 bunt geschmückten Wagen und die 59 Fußgruppen am Friedrich-Ebert-Platz vorbeiziehen, sind es vor allem die Kinder und deren Eltern, die den Karnevalsvereinen ein kräftiges "Helau!" zurufen und sich eilig nach den Süßigkeiten bücken. Die Menge ist begeistert von den fantasievoll geschmückten Wagen, besonders von dem burgähnlichen Gefährt des Elferrat Sankt Marien aus Hochstraß. Efeu rankt sich um die grauen "Mauern" und ein aufgeklebter Ritter in Rüstung schaut auf die Menschen herab. Der Wagen der Karnevalsgesellschaft Fidelio dagegen lässt mit Spinnen, Totenköpfen und Geistern eine gruselige Stimmung aufkommen.

 Die Tanzgarden der Moerser Karnevalsvereine liefen als Fußgruppen mit.

Die Tanzgarden der Moerser Karnevalsvereine liefen als Fußgruppen mit.

Foto: Dieker Klaus

Plötzlich fällt, inmitten der Zuschauer, eine Frau in einem Kilt zu Boden und hat Mühe, sich wieder aufzurichten. Sie ist offensichtlich alkoholisiert. Kein Einzelfall: 22 Feiernde wurden im Laufe des Nelkensamstagszuges in Polizeigewahrsam genommen - überwiegend wegen Volltrunkenheit. Drei Festnahmen waren nötig, 31 Strafanzeigen wurden gestellt - wegen Körperverletzungsdelikten oder Verstößen gegen das Waffen-oder Betäubungsmittelgesetz. Der Rettungsdienst rückte 49 Mal aus. Bei der Unfallhilfestelle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) auf dem Friedrich-Ebert-Platz wurden 45 Besucher ambulant behandelt. Hans Kitzhofer, Präsident des Kulturausschusses Grafschafter Karneval (KGK), lobt nach dem Zug die Zusammenarbeit von Stadt und Polizei. "Das Sicherheitskonzept hat funktioniert. Dafür möchte ich mich im Namen des KGK bedanken."

Ganz und gar hatten ihm aber Szenen nicht gefallen, die sich auch in diesem Jahr wieder am Friedrich-Ebert-Platz abspielten: Viele junge Leute funktionierten den Garten des Knappschafts-Gebäude am Rande der traditionellen Karnevals-Feiermeile kurzerhand in eine Toilette um. "Warum greift hier nicht mal das Ordnungsamt ein", fragten sich viele Besucher.

Kitzhofer sieht das ähnlich. "Wir werden das in der Nachbesprechung mit Stadt und Polizei sicherlich zum Thema machen."

(RP)
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