Moers 2015 wird ein Jahr der Fragezeichen

Moers · Im kommenden Jahr stehen in vielen Kommunen wichtige Entscheidungen an, von deren Ausgang richtungsweisende Signale für das nächste Jahrzehnt ausgehen könnten. Finanzpolitisch gibt es dabei einen zarten Hoffnungsschimmer.

Moers 2015 - Ein Ausblick mit vielen Fragen
3 Bilder

Moers 2015 - Ein Ausblick mit vielen Fragen

3 Bilder

Würde man Neukirchen-Vluyner nach der wichtigsten Entscheidung fragen, die für die Kommune im kommenden Jahr ansteht, gäbe es vermutlich eine ziemlich eindeutige Antwort: Am 13. September sind die Bürger dort, wie auch im benachbarten Rheurdt, aufgerufen, einen neuen Bürgermeister zu wählen.

Während in Rheurdt alles auf den bisherigen parteilosen Amtsinhaber Klaus Kleinenkuhnen hinausläuft, könnte es in Neukirchen-Vluyn zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Harald Lenßen und seinem Herausforderer Jochen Gottke von der SPD kommen. Nachdem die Weichen für wichtige Projekte wie die Renovierung von Kulturhalle und Gymnasium sowie die Versteigerung der Nau-Bauten gestellt wurden, geht es dort jetzt wie zum Beispiel auch beim Anlauf der neuen Gesamtschule, mehr um den Vollzug des Eingeleiteten als um neue Vorhaben.

Auch in Moers sind wichtige Projekte auf den Weg gebracht worden. Die Grafen-Galerie dürfte im Laufe des Jahres zumindest als Rohbau fertiggestellt worden sein. Im Alten Neuen Rathaus könnten möglicherweise schon die ersten Bewohner einziehen. Gleiches gilt für das ehemalige Gebäude der Deutschen Post, wo Wohnungen, Büroräume und ein Fitness-Center entstehen.

Doch über vielen anderen Projekten schweben riesengroße Fragezeichen. In Moers geht es um nichts weniger als die komplette Überplanung der Innenstadt. Die Bereiche zwischen Trotzburg und Kö auf der einen und Amtsgericht und Kastellplatz auf der anderen Seite sollen endlich so entwickelt werden, wie es der schon im vergangenen Jahrzehnt entworfene Masterplan vorgeschlagen hat. Eine gewaltige Herausforderung für Bürgermeister Christoph Fleischhauer (CDU) und seinen neuen Beigeordneten Thorsten Kamp.

Sie müssen eine Vielzahl widerstreitender Interessen unter einen Hut bekommen und daraus das Beste für die Stadt Moers machen. Ob sie dabei tatsächlich entscheidend vorankommen werden, hängt auch davon ab, ob Kaufmannschaft und Immobilienbesitzer bereit sein werden, sich in der Innenstadt gemeinsam ins Zeug zu legen. Erste positive Signale gibt es. Was daraus wird, bleibt abzuwarten.

Die Entwicklung in Moers hängt leider im hohen Maße von Faktoren ab, die die Stadt selbst kaum beeinflussen kann. So ist zwar ein Teil der gegenwärtigen finanziell prekären Situation selbst verschuldet, ein anderer aber die Folge einer chronischen Unterfinanzierung der Kommunen.

Grundsätzlich zeigen Bund und Land hier zwar Einsicht, doch wenn es ans Eingemachte, sprich an die Verteilung der Geldströme geht, kommt immer noch zu wenig bei den Städten und Gemeinden an. Ein Beispiel ist die Unterbringung von Flüchtlingen. Prozentual und absolut gibt es mehr Geld, doch angesichts der zu erwartenden Zahlen, wird die finanzielle Belastung für die Kommunen unter dem Strich weiter anwachsen.

Das wird in Zukunft die ohnehin schon engen Handlungsspielräume weiter einengen. In Moers kommt noch hinzu, dass der Stadt nicht nur finanzpolitisch die Hände gebunden sind. Wenn das Land sich nicht für eine Weiterentwicklung des historischen Stadtkerns und gegen einen Denkmalschutz entscheidet, der mit dem Tersteegenhaus eine Architektur schützen möchte, die mehr Gemeinsamkeiten mit dem Nationalsozialismus als mit der Moderne hat, wird es in Moers nicht voran gehen.

Wahrscheinlich wird man sich 2015 daher auf die Vorhaben stürzen, die noch am ehesten eine Realisierungs-Chance versprechen. Da ist als erstes das alte Landratsamt zu nennen. Mit der Finanzierungszusage aus Düsseldorf stehen die Chancen gut, dass bald wieder Leben in das seit Jahren verlassene Gebäude einzieht.

Dagegen stehen Konzepte, die eine weitere Nutzung von Terheydenhaus und Weißem Haus vorsehen, noch aus. Gespannt sein darf man auch, wie die Festival-Halle künftig in den Zeiten genutzt werden soll, wenn Moers-Festival, Comedy Arts und Schlosstheater die Spielstätte nicht in Beschlag nehmen. Die Entscheidung über den weiteren Weg ist überfällig. Schließlich warten die Programmplaner in Deutschland nicht darauf, dass die Moerser endlich in die Pötte kommen.

Doch die Versäumnisse bei der Festivalhalle sind Petitessen im Vergleich zum Gesamtversagen von Politik und Verwaltung bei der Vermarktung des Utforter Rathauses. Inzwischen soll es wieder neue Interessenten geben, verlautete aus dem Rathaus. Doch seitdem der letzte "Interessent" die Stadt ein Jahr lang an der Nase herumführte - was übrigens nicht wenige Moerser vorhergesagt hatten - ist man bei solchen Verlautbarungen schon ein wenig skeptisch.

Kamp-Lintfort macht derweil aus Vergangenheitsbewältigung Zukunftspolitik. Die Stadt will Gastgeber der Landesgartenschau 2020 werden. Am 5. Februar soll die erste Werbe- und Informationsveranstaltung in eigener Sache über die Bühne gehen. Landschaftsplaner Johannes Reinders will Ideen vorstellen, was zwischen dem Kloster Kamp und der ehemaligen Bergwerksfläche entstehen könnte.

Das Motto: "Kloster - Kohle - Campus". Auch die Vermarktung der Gewerbeflächen im Logport Ruhr werden in diesem Jahr anlaufen. Auch die Neugestaltung des Rathausquartiers hat Bürgermeister Christoph Landscheidt (SPD) fest ins Auge gefasst. Eine Vorentscheidung dürfte im März mit der Ersteigerung der Bunten Riesen fallen.

Und Rheurdt? Das selbst ernannte Ökodorf hat sich für den Bau einer Rindermastanlage auf den Schaephuysener Höhen entschieden. Die Gemeinde wird sich schwer tun, der Bezirksregierung zu erklären, warum ein solcher agroindustrieller Komplex auf dem Hügel unbedenklich sein soll, der Bau von Windkraftanlagen hingegen abgelehnt wird. Aber wer Klaus Kleinenkuhnen kennt, weiß, dass er spätestens bis zur Wahl eine Antwort aus dem Hut gezaubert haben dürfte.

Wie er das beim Thema Grundschulstandort hinbekommt, wird spannend zu beobachten sein. So unterschiedlich die Themen in den Kommunen am Niederrhein auch sind, eint die Verantwortlichen doch eine Hoffnung. Mit dem Fall des Ölpreises und dem Verharren des Zinssatzes auf einem niedrigen Niveau sind die Chancen gewachsen, dass die Konjunktur neuen Schwung erfährt. Von einer verstärkten Konsumlust der Bürger würden vor allem die Städte mit einem starken Einzelhandel profitieren: Das sind in unserer Region Moers und Kamp-Lintfort.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort