Moers 60 Prozent der Brandunfälle sind vermeidbar

Moers · Zum "Tag des brandverletzten Kindes" geben Experten Tipps zur Gefahrenvermeidung und Anleitung für den Fall der Fälle.

 Mit solchen Flyern macht der Verein Paulinchen auf die Gefahren aufmerksam.

Mit solchen Flyern macht der Verein Paulinchen auf die Gefahren aufmerksam.

Foto: Gabriela Acklin/Paulinchen E.V.

Dass der "Tag des brandverletzten Kindes" in die Weihnachtszeit fällt, ist Zufall. Allerdings passt das Zusammentreffen: Weihnachtsbäume sowie Adventskränze, die Feuer fangen, zählen zu den häufigsten Ursachen von Brandverletzungen bei Kindern. Am 7. Dezember weist der deutschlandweit aktive Verein "Paulinchen" auf die Unfallgefahren und Behandlungsmöglichkeiten hin und zeigt Eltern, wie sie ihre Kinder schützen können. Arztpraxen und Krankenhäuser, zum Beispiel Bethanien in Moers, unterstützen das Engagement.

Mehr als 30.000 Kinder jährlich erleiden in Deutschland Verbrennungen oder Verbrühungen. 6000 der Kinder müssen stationär behandelt werden, bei 1500 sind die Verletzungen so schwer, dass sie in Spezialkliniken eingewiesen werden müssen. Grillunfälle, vor allem aber Verbrühungen durch heiße Flüssigkeiten kommen besonders oft vor: Ein Kind zieht einen Topf vom Herd oder eine Decke samt Tee- oder Kaffeekanne vom Tisch. Meist sind die verletzten Kinder jünger als fünf Jahre. "Eine Tasse Kaffee kann ein Drittel der Körperoberfläche eines Kleinkindes verletzten", sagt Astrid Hielscher vom Verein Paulinchen. Und: "60 Prozent der Unfälle könnten vermieden werden."

Tipps für Eltern: Die Kabel von elektrischen Wasserkochern nicht runterhängen lassen, Tischdeckenränder für Kinder unerreichbar machensein, am Herd Schutzgitter anbringen, den Thermostat fürs Bad nicht zu hoch einstellen, erkältete Kinder nicht über einer Schüssel heißen Wassers inhalieren lassen. Und die Kerzen am Weihnachtsbaum? "Kinder lieben Feuer", sagt Astrid Hielscher. "Man sollte den Umgang damit gemeinsam üben und zusammen Kerzen anzünden." Allerdings sollte man den Kleinen auch klarmachen, wie gefährlich die Flammen sind.

"Eltern sollten immer daran denken, dass etwas passieren kann", rät Dr. Michael Wallot, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Bethanien-Krankenhauses. Rund 50 Mal jährlich suchen Eltern mit großflächig verbrühten oder verbrannten Kindern das Krankenhaus auf.

"Die Eltern sind verzweifelt und machen sich Vorwürfe, die Kinder schreien vor Schmerzen", beschreibt der Arzt die übliche Szenerie. Sind die Schmerzen des Kindes gestillt, entspanne sich die Situation meist. Dann muss die Schwere der Verletzungen bestimmt und die notwendige Behandlung eingeleitet werden. Wichtig sei, so der Arzt, dass Eltern nicht versuchen, die Verletzungen zunächst mit Hausmitteln wie Mehl oder Zahncreme zu behandeln - "was weiß ist, wird mit ,kühl' assoziiert", weiß Wallot. Selbst von der Anwendung von Brandsalben rät er bei großflächigen Verletzungen ab.

Richtig sei es, die Wunden zu Hause lediglich mit Wasser zu kühlen. Damit das Kind nicht auskühlt, darf dies aber maximal 15 Minuten lang geschehen, wobei das Wasser nicht kälter als 20 Grad sein sollte. Ansonsten gilt: Per Notruf Hilfe holen oder selbst ins Krankenhaus fahren.

Die Nachbehandlung von Verbrennungen dauert mitunter Jahre. Die Kinder müssen Druckverbände tragen, damit die Narben flach bleiben. Und da die Narben nicht mitwachsen, schränken sie oft die Bewegungsfähigkeit ein und führen zu Fehlstellungen am Körper. Hier setzt nicht nur die Arbeit von Physiotherapeuten wie Astrid Hielscher an, sondern auch von Plastischen Chirurgen wie Professor Robert Hierner, Departmentleiter am Bethanien. "Die Narbenkorrektur nach Verbrennungen muss möglichst frühzeitig und präzise erfolgen", sagt er. Der junge Körper besitze eine große Fähigkeit zur Regeneration, die aus medizinischer Sicht genutzt werden sollte. Es gebe allerdings Verbrennungsfolgen, wie Hautverfärbungen, die ein Leben lang bleiben.

(RP)
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