Moers Adolfinum-Attacke: Staatsschutz ermittelt

Moers · Angezündet und heruntergerissen wurden Teile einer Adolfinum-Ausstellung zum Gedenken an Dichter, deren Werke unter den Nazis verbrannt wurden. Der Staatsschutz, zuständig für Fälle mit möglichem politischen Bezug, ermittelt.

 Christina Evers und Martina Mehren (v. li.) zeigen die von Unbekannten angekokelten Ausstellungsstücke, die auf dem Schulhof zu besichtigen waren. Die Lehrerinnen haben die Ausstellung mitentwickelt.

Christina Evers und Martina Mehren (v. li.) zeigen die von Unbekannten angekokelten Ausstellungsstücke, die auf dem Schulhof zu besichtigen waren. Die Lehrerinnen haben die Ausstellung mitentwickelt.

Foto: Dieker

Geschockt und entsetzt waren die Neuntklässler vom Adolfinum, als sie Montagmorgen zur Schule kamen. Unbekannte hatten am Wochenende Teile der Ausstellung, mit der die Schüler auf ihrem Schulhof an Dichter und Schriftsteller erinnern wollten, deren Arbeiten im Dritten Reich verbrannt worden waren, heruntergerissen und angezündet.

"Ob das ein Dumme-Jungen-Streich war oder doch eine politisch motivierte Tat, weiß man nicht", sagt Schulleiter Hans van Stephoudt. Anlass der Ausstellung, die an zentralen Punkten in und um die Schule angebracht ist, war die Aktionswoche "Bücher aus dem Feuer", die an den 80. Jahrestag der Bücherverbrennungen im Deutschen Reich erinnert.

Bei einem solchen Delikt müsse man immer erst einmal von einem politischen Motiv ausgehen, so die Kreispolizei Wesel. Und verweist direkt an den Staatsschutz in Duisburg. Bis zum Anruf unserer Zeitung habe man noch nicht von dem Vorfall gewusst, eine Anzeige der Schule liege bislang nicht vor, sagt Ramon van der Maat, Spressesprecher der Polizei Duisburg, wo der Staatsschutz angesiedelt ist. Jetzt nehme man die Ermittlungen auf.

"Alle Fälle, die einen politischen Bezug haben könnten, bearbeitet der Staatsschutz", sagt van der Maat. Natürlich könne es sein, dass Jugendliche aus Langeweile auf dem für Jeden zugänglichen Schulhof randaliert haben — genauso gut kann es aber sein, dass einer oder mehreren Personen die Ausstellung inhaltlich ein Dorn im Auge war. Beim Thema der Ausstellung liege das fast nahe, sagt der Polizei-Sprecher. Und sagt auch, dass die Behörde immer mal wieder wegen Flugblättern mit rechtsradikalen Inhalten in Moers zu tun habe.

Kurz hatte van Stephoudt am Montag überlegt, die zerstörten Wimpel wieder aufzuhängen — dann entschieden er und sein Kollegium sich dagegen. Als Zeichen, "dass wir uns nicht unterkriegen lassen", sagt der Schulleiter. Eine Kollegin hängte ein neues Band mit Texten und Fotos auf. "Schule muss Schülern das Erinnern ermöglichen", sagt der Schulleiter. Und Lehrerin Martina Mehren, die die Ausstellung mitkonzipiert hat, ergänzt: "Wenn so etwas wie hier immer noch vorkommt, zeigt das die Wichtigkeit solcher Ausstellungen."

Holger Runge, Sozialarbeiter und Theaterpädagoge, sitzt im Arbeitskreis "Demokratie stärken in Moers". Ihn erstaunt nicht, dass — so es sich um einen rechtsradikalen Hintergrund handelt — die Unbekannten ausgerechnet jetzt und ausgerechnet am Adolfinum zugeschlagen haben. Mitten in der Gedenkwoche zur Bücherverbrennung an einer Schule zu randalieren, die sich dafür einsetzt, dass Nazi-Gräuel nicht vergessen werden, habe einen großen Effekt. Runge sagt aber auch: "Man muss das Thema ernst nehmen, aber Moers ist keine rechte Hochburg."

(RP/rl/anch/sgo)
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