Kamp-Lintfort Amistad verlässt Lintfort

Kamp-Lintfort · Der therapeutische Reiterhof „Amistad“ schlägt seine Zelte nach den Sommerferien auf „Adjims Ranch“ in Straelen auf. Nach elf Jahren in Kamp-Lintfort entschloss sich Gründerin Ute Slojewski für den Umzug. In Straelen wird Amistad Untermieter einer größeren Reitanlage.

„Es war ein langer Weg, auf dem ich, um ehrlich zu sein, ganz oft ans Aufgeben gedacht habe, aber ich glaube, jetzt haben wir eine gute Zukunftschance.“ Knapp elf Jahre lang war der therapeutische Reiterhof „Amistad“ in Kamp-Lintfort für zahlreiche geistig, seelisch und körperlich behinderte Menschen ein Ort der Freude und individuellen, heilpädagogischen Förderung gewesen. Jetzt zog dessen Gründerin, Ute Slojewski, die Konsequenz aus dem bisher stetigen, finanziellen Überlebenskampf des Hofes, in dem sie beschloss, ihr Unternehmen nach den Sommerferien nicht mehr in Kamp-Lintfort, sondern in Straelen auf „Adjims Ranch“, an der Brockhuysener Straße 1, weiterzuführen.

Keine Geldgeber gefunden

„Wir werden dort sozusagen als Untermieter in eine bereits vorhandene, größere Reitanlage einziehen, wo wir nicht nur einen eigenen Reitplatz zur Verfügung haben, sondern auch alle anderen Einrichtungen einschließlich der Reithalle und des überdachten Reitplatzes mit benutzen können“, erklärte Ute Slojewski. „Außerdem können wir von da aus mit unseren Klienten auch direkte Ausritte ins Gelände machen. Das war uns besonders wichtig ist, weil wir mit unseren Therapien ja ganz bewusst einen naturbezogenen Ansatz verfolgen. Darüber hinaus gibt es dort schon einen eingespielten Jugend- und Kinderreitbetrieb, und – was noch viel wichtiger ist – wir sind dort willkommen.“ Das war bei den rund 20 Objekten, die sie nach ihrer Umzugsentscheidung besichtigt hat, nicht immer der Fall gewesen. Seelisch kranke und behinderte Menschen sind auch heute noch nicht überall gerne gesehen. Hinzu komme, dass die Bundesregierung schon vor längerer Zeit beschlossen hat, im Rahmen der Kostenreform im Gesundheitswesen therapeutische Reitangebote mit 19 Prozent Mehrwertsteuer zu belegen. „Darauf hin haben sich viele Krankenkassen aus der Finanzierung derartiger Angebote zurück gezogen, so dass deren Anbieter für die meisten potentiellen Pachtgeber seither als permanent klamme Kunden gelten.“ Dasselbe scheint offenbar auch für andere potentielle Geldgeber zu gelten. Als „Amistad“ nach dem neuen Steuergesetz im letzten Jahr plötzlich eine riesige, rückwirkende Finanzamtsrechnung ins Haus flatterte, wollte Ute Slojewski mit Hilfe des „Amistad“-Fördervereins aus ihrem Betrieb zunächst eine gemeinnützige, also nicht gewinnorientierte GmbH, machen, was daran scheiterte, dass sich nicht genug Geldgeber für diese wenig Gewinn versprechende Investition fanden. So blieb der staatlich geprüften und Sport- und diplomierten Reitpädagogin am Ende nur die Möglichkeit, ganz aufzugeben oder nach einer preiswerteren Lösung für den Fortbestand ihres Unternehmens zu suchen. Der größte Teil ihrer Klienten sind übrigens bereit, den neuen, etwas längeren Anfahrtsweg demnächst in Kauf zu nehmen.

(RP)
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