Moers Ausstellung "Buntes Meerbeck" eröffnet

Moers · Fotos, Gedichte und Texte zeigen Bewohner in ihrem Quartier. Bis 2014 soll noch mehr Material zusammen kommen.

Es ist eine Eintrittskarte in das Wohnzimmer von Anneliese Raber und in die Gartenlaube der Tramontanas. Die Einladung für einen Spaziergang mit Brunhilde Schade zum Kriegerdenkmal an der Römerstraße oder eine Partie mit Rainer Glienke auf dem Bolzplatz. Vorbei an dem Strickladen "Maja's Maschen Mode" und der Kocatepe-Moschee, entlang der Kumpelhäuser mit ihren grünen Fensterläden bis zur Bahnschranke.

Das alles ist Meerbeck. Und all diese Leute und Plätze sind Teil der Ausstellung "Buntes Meerbeck", die am Samstag im evangelischen Gemeindehaus an der Bismarckstraße Eröffnung feierte. Mitglieder des Interkulturellen Nachbarschaftsnetzwerks 55plus haben Fotos von und Texte über die Bewohner des Stadtteils auf Plakattafeln zusammengestellt. Sie zeigen echte Meerbecker an ihren Lieblingsplätzen, erzählen, warum sie gerne im Quartier wohnen. "Mein Platz in der Kolonie": der Untertitel des Projektes.

Der Rundgang durch die Ausstellung ist wie ein Spaziergang durch die Siedlung ehemaliger Bergarbeiter der Zeche Rheinpreußen. Dort, wo auch heute noch die Bewohner nach getaner Arbeit auf den drei herunterklappbaren Brettern vor ihren Häusern sitzen, Kaffee trinken, sich austauschen, plaudern — "Meerbeckern" eben. Muhsin Aksoy und seine Familie etwa öffnen die Tür. Der Vorbeter an der Kocatepe Moschee schätzt das gute nachbarschaftliche Verhältnis nach anfänglichen Protesten einiger Anwohner gegen die Gebetsrufe. Er fühlt sich wohl, sagt er, auch wenn es noch die eine oder andere Sprachbarriere gebe. Seine Nachbarn, Vittoria und Antonio Tramontana, sitzen ein paar Häuser weiter in ihrem kleinen Nutzgarten und freuen sich über die Weintrauben, die an der Pergola wachsen. Meerbeck ist ihre neue Heimat geworden, sagen sie, das Heimweh nach Italiens Meeresrauschen ist Vergangenheit.

Schon immer im Quartier und "lebende Chronik von Meerbeck" ist Anneliese Raber. Die 82-Jährige sitz bedächtig auf einem Stuhl neben einer Tafel, die sie selber auf dem Sofa im heimischen Wohnzimmer zeigt. Die Dame hat ihre Spitzenbluse angezogen und betrachtet jeden Ausstellungsbesucher mit Stolz, der stehenbleibt, um ihre Geschichte zu lesen. Zu erzählen hat sie viel. "Ich habe ein unglaubliches Gedächtnis, weiß heute noch alle Lieder und Gedichte, die ich zu Schulzeiten gelernt habe", sagt sie. Da drüben, drei Tafeln weiter, da sei die Brunhilde abgebildet. "Wir saßen schon in der Schule nebeneinander."

Alte und Junge, Deutsche oder Zugewanderte — die Ausstellung will einen Querschnitt der in Meerbeck lebenden Bevölkerung zeigen. "Menschen aus 49 Nationen wohnen hier, die ganze Vielfalt der Bewohner wiederzugeben, wird uns nicht gelingen", sagt Wolfram Reutlinger, einer der Initiatoren des Projektes. "Wir wollen einen Querschnitt der hier lebenden Bevölkerung zeigen und ein lebendiges Portrait unseres Stadtteils schaffen."

Bis zum Meerbecker Kulturfrühling 2014 soll die Ausstellung noch weiter wachsen. Dafür sucht das Nachbarschaftsnetzwerk noch Sponsoren und Protagonisten. Auch ein Buch ist geplant. Am besten eines mit Spiralbindung, findet Mit-Organisatorin Anja Reutlinger. "Das kann immer weiter wachsen."

(kno)
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