Mittendrin Im Weihnachtsgeschäft Baumverkauf, aber nur mit langen Unterhosen

Moers · Das Weihnachtsgeschäft geht in die heiße Phase und die RP war dort, wo es besonders brennt. Heute: Weihnachtsbaumverkauf.

 Anika Floren zeigt RP-Volontärin Julia Schüßler, wie viele unterschiedliche Weihnachtsbäume es gibt und wie man sie an die Moerser bringt.

Anika Floren zeigt RP-Volontärin Julia Schüßler, wie viele unterschiedliche Weihnachtsbäume es gibt und wie man sie an die Moerser bringt.

Foto: Christoph Reichwein

moers Kalte Füße, kalte Hände und die Frage "Suchen sie noch einen Weihnachtsbaum?". Das sind die Kriterien, die den Weihnachtsbaumverkauf kurz vor den Feiertagen ausmachen. RP-Volontärin Julia Schüßler weiß, was kalte Füße sind und wie Hände wärmer werden.

Einen Tannenbaum kurz vor Weihnachten verkaufen? Das ist gar nicht mal so einfach. Trotz mancher Überraschungstage, an denen viele Bäume ins Netz gehen, lautet die Antwort immer häufiger: "Nein, wir haben schon einen." Da der Verkauf an der Haagstraße schon am 8. Dezember begonnen hatte, haben viele schon zugeschlagen.

Davon darf man sich aber nicht entmutigen lassen, sagt Anika Floren, die ihre Bäume in der Innenstadt verkauft. Man muss es weiter versuchen und dazu gehört auch, auf Menschen zuzugehen. "Egal, wie grimmig sie sind, wenn man sie anlächelt und freundlich ist, kriegt man das auch zurück", sagt Anika Floren.

Normalerweise studiert die 28-Jährige Brandschutzingenieurwesen in Köln und arbeitet in einem Brandschutzbüro. Nebenbei hilft sie ihrem Vater, der zur Weihnachtszeit Nordmanntannen anbietet. "Vor zehn Jahren habe ich einen Acker gekauft und wusste nicht, was ich damit machen sollte. Dann habe ich dort Nordmanntannen gepflanzt", sagt Nikolaus Floren lachend.

Die erste Charge sei dann auch "komplett in die Hose gegangen", weil er nicht wusste, wie es geht. Heute weiß er es und gibt den Bäumen zwischen sieben und zehn Jahren zum Wachsen. Außerdem werden sie nicht gedüngt und wachsen so ganz natürlich.

Auf Menschen zugehen hat nicht nur den Zweck, einen Baum zu verkaufen, sondern auch der Kälte aus dem Weg zu gehen. Die Bewegung fördert die Durchblutung und lenkt ab. Einfache Stiefel und eine Jeans sind aber trotz des ständigen Auf- und Abgehens für einen Tag beim Weihnachtsbaumverkauf nicht geeignet. Deshalb hat Anika Floren vorgesorgt und einen Skianzug angezogen.

Grundsätzlich gilt: Mütze, zwei Paar Socken und lange Unterhosen sind von großem Vorteil.

In einer Stunde konnten erst zwei Bäume an den Mann beziehungsweise die Frau gebracht werden. Unermüdlich fragt man vorbeilaufende Passanten, ob sie noch einen Weihnachtsbaum benötigen. Oftmals kriegt man da die gleiche Antwort ("Nee, haben wir schon"). Manchmal hat man Glück: Einer der Bäume scheint eine vorbeilaufende Dame in ihren Bann zu ziehen. Sie muss ihn näher begutachten und will ihn dafür drehen. Dabei fällt er fast um - und sie fast mit. An einer Messlatte wird das "Schmuckstück" ausgemessen: zwei Meter für 38 Euro. Das scheint eindeutig zu viel zu sein. "Ich muss den Baum ja auf einen Tisch stellen", fällt ihr plötzlich ein. Dann geht die Suche weiter. Am Ende wird es eine anderthalb Meter große Nordmanntanne für 28 Euro, die jetzt auch auf ihren Tisch passt.

"Die Leute nehmen sich viel Zeit, um sich einen passenden Baum auszusuchen. ,Hey hier bin ich' schreit nicht unbedingt die erste Tanne", weiß Anika Floren. Der perfekte Baum ist für jeden unterschiedlich. Für sie hat ein pyramidenförmiges, gleichmäßig gewachsenes Exemplar den richtigen Charme. Die Aufmerksamkeit vieler zieht heute aber auch eine Tanne mit zwei Spitzen auf sich. Manchmal ist eben doch das Unperfekte am Ende perfekt. Wenn es bei der langwierigen Suche dann aber doch zu kalt wird, gibt es noch den grünen Wasserkocher in der kleinen Holzhütte.

Die Teeauswahl mit der Sorte "türkischem Apfel" ist begrenzt, aber das Lammfell auf dem Holzstuhl gibt zusätzlich ein bisschen Wärme. Zu viel Tee sollte es aber nicht sein, denn eine Toilette gibt es nicht. Am Ende bleiben einem da nur die Gaststätten oder Geschäfte in unmittelbarer Nähe - wenn der Wirt so nett ist und es gestattet.

Trotz der Anstrengungen ist der Nebenjob auf dem Weihnachtsmarkt für Floren das Richtige: "Man verkauft den Menschen ein Stück Weihnachten." Bewegung und frische Luft bieten zudem eine gelungene Abwechslung zum Studium.

(jms)
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