Moers Bethanien muss Personal abbauen

Moers · Das Krankenhaus hat im Jahr 2015 zwei Millionen Euro Verlust gemacht. Trotzdem hält die Klinikleitung an den ehrgeizigen Ausbauplänen fest. Im Stiftungsrat kam es darüber zu einem Eklat.

Das hat es in der 160-jährigen Geschichte des Krankenhauses Bethanien noch nicht gegeben. Drei Mitglieder des Stiftungsrates sind zurückgetreten. Kurz zuvor hatten medizinische Leitung und Verwaltungsspitze des Krankenhauses auf einer Mitarbeiterversammlung eingeräumt, dass ein im Haushaltsjahr 2015 aufgetretenes Defizit in Höhe von zwei Millionen Euro zu Personaleinsparungen zwinge. Niemand muss um seinen Job fürchten. "Wir regeln das über die natürliche Fluktuation", versicherte Verwaltungsdirektor Wolfgang Kupferschmidt.

Niemand will öffentlich bestätigen, dass es einen Zusammenhang zwischen der finanziellen Schieflage und den Rücktritten gibt. Das Krankenhaus sah nicht einmal Anlass, auf die bereits im vergangenen Monat erfolgte Ämterniederlegung durch die Änderung seiner Homepage zu reagieren. Dort firmieren immer noch Karl-Heinz Tenter (Vorsitzender), Otfried Kinzel, Peter Boschheidgen, Friedrich Freiherr von der Leyen und Hans Nühlen als Mitglieder des Stiftungsrates. Tatsächlich ist das Gremium derzeit aber mit drei verbliebenen Mitgliedern beschlussunfähig.

"Auf das operative Geschäft hat das überhaupt keinen Einfluss", versichert der ärztliche Direktor Dr. Thomas Voshaar. Für die Patienten werde sich zunächst nichts ändern. Mittelfristig will das Krankenhaus sein Angebot sogar ausweiten. Vor drei Monaten erteilte die Stadt die Baugenehmigung für ein neues Bettenhaus, womit die Klinik nicht nur ihre vom Gesetzgeber vorgeschriebene Maximalkapazität von 510 Betten ausschöpfen könnte, sondern endlich die Möglichkeit bekäme, Abläufe im Betrieb effizienter zu gestalten. "Uns geht es vor allem um einen Sprung in der Qualität der medizinischen Versorgung", sagt Voshaar. Größenordnung der Investition: rund 25 Millionen Euro. Hinzu kommen ein neues Parkhaus und ein von einem privaten Investor errichtetes Ärztehaus.

Dem Vernehmen nach soll vor allem die Planung für das Bettenhaus Gegenstand kritischer Diskussionen zwischen Stiftungsratsmitgliedern und Verwaltungsvorstand gewesen sein. Das Gremium, das die Aufsicht über die Krankenhausdirektion führt, tagt hinter verschlossenen Türen. Auf den Diskussionsverlauf kann man allerdings schließen, wenn man mit Kennern der Materie spricht. Stiftungsratsmitglieder sollen seit Jahren auf die im Vergleich zum Bundesdurchschnitt zu hohe Personalquote hingewiesen haben. Den Personalabbau jedoch verteidigt Voshaar auch weiterhin: "Die Philosophie unserer Stiftung besteht doch gerade darin, dass wir kein Profit-Center sein müssen. Unser Credo lautet, Spitzenmedizin vorzuhalten." Unzufriedenheit soll im Stiftungsrat auch über unzureichende Informationen von der Verwaltungsspitze geherrscht haben.

Keine Vorwürfe wurden über die medizinischen Leistungen von Ärzten und Pflegpersonal laut. Im Gegenteil: Offenbar ist der gute Ruf des Krankenhauses ein Grund für die finanzielle Schieflage. In den vergangenen Jahren hat das Krankenhaus mehr medizinische Leistungen erbracht, als mit den Kassen vereinbart worden war. Von diesen Mehrleistungen fordern die Kassen 25 Prozent pro Jahr zurück. 2015 wurden die Rückzahlungen für die vergangenen Jahre fällig: also 75 Prozent. In den kommenden Jahren wird es nicht anders aussehen. Um eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen zu vermeiden, wird Leistung bestraft. Voshaar: "Ökonomisch gesehen, ist das Irrsinn."

Die Arbeit des Stiftungsrats und des Klinik-Direktoriums wird vom Verwaltungsrat überwacht. Das Gremium besteht aus evangelischen Pfarrern und Vertretern der Städte Moers und Neukirchen-Vluyn. Es ernennt die neuen Mitglieder im Stiftungsrat.

(RP)
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