Moers Bombenhagel auf die Grafschaft

Moers · Amerikanische Panzer erreichen am 4. März Moers. Wochen später treffen sich Dwight D. Eisenhower und Winston Churchill in Kamp-Lintfort.

Im Februar 1945 rollte der Krieg auf Moers zu. Im Raum Kleve und Geldern rückten die 2. britische und die 1. kanadische Armee vor, die 9. US-Armee kam über Aachen, Mönchengladbach und Krefeld aus Richtung Süden immer näher.

Zum Donnerstag, 1. März wird in Moers der Volkssturm alarmiert, doch es ist klar, dass dieser keinen nennenswerten Widerstand leisten kann. "Aus dieser Situation zog der für Moers eingesetzte Kampfkommandant die einzig richtige, von Verantwortungsbewusstsein zeugende Konsequenz, Moers nicht zu verteidigen", schreibt Dr. Waldemar Martin, Studienrat am Adolfinum, in einem Bericht über die letzten Kriegstage in Moers. "Soweit die feindliche Lufttätigkeit es zuließ, wurden die Volkssturmkompanien mit Schanzen beschäftigt." Abends durften die Männer nach Hause. "Noch am 2. März wurden derartige Schanzarbeiten verrichtet."

"In der Nacht vom 2. auf den 3. März nahm das schon nächtelang vorher zu beobachtende Zurückfluten deutscher Einheiten aller Waffengattungen vornehmlich aus Richtung Krefeld besonders starken Umfang an", so Dr. Martin. An der Uerdinger Straße, nahe der Post, wird ein Geschütz gesprengt. "Volkssturmmänner werden von flüchtenden Wehrmachtsangehörigen um Zivilkleidung angegangen". Die Flucht der Zivilbevölkerung hatte schon vor Tagen eingesetzt. "Noch in allerletzter Stunde verließen Einwohner der Stadt in improvisierter Flucht ihr Heim, um teils mit dem Fahrrad, teils sogar nur zu Fuß und lediglich mit den allernotwendigsten Habseligkeiten bepackt auf das rechte Rheinufer zu gelangen."

Auch der als Landrat und Kreisleiter fungierende Landrat Dr. Bubenzer "verließ seinen Posten", so der Chronist, ebenso Bürgermeister Linden. "Die Bevölkerung äußerte ganz offen ihr starkes Missfallen darüber, dass sich die führenden Parteimitglieder im Augenblick der Gefahr ihrer Verantwortung durch die Flucht entzogen, obwohl sie noch bis zuletzt Widerstand bis zum äußersten von der Bevölkerung verlangt hatten."

Gegen 15 Uhr am Samstag, 3. März, wird der Rest eines flüchtenden deutschen Infanterie-Regiments von einem Hauptmann des Oberkommandos der Wehrmacht aufgehalten und veranlasst, eine Widerstandslinie von Steinschen am Damm entlang bis zu den Filder Benden zu besetzen. Batterien werden in Richtung Süden in Stellung gebracht. Der Kampf um Moers entbrennt. "Gegen 21.30 trifft die Spitze der amerikanische Panzer in Bettenkamp ein. Sie wird durch die südwärts der Venloer Straße stehende Flak-Batterie beschossen, anscheinend auch aus Häusern an der Venloer Straße und aus dem Gehöft Averdunk. Einzelne deutsche Panzer rollen in östlicher Richtung über die Verbandsstraße. Gegen 22 Uhr geht in Höhe des Vinner Friedhofs ein deutscher Panzer unter starken Detonationen in die Luft. An der Widerstandslinie zwischen Damm und Venloer Straße ist bis 2 Uhr nur schwächeres, zeitweilig aber heftiger werdendes Maschinengewehrfeuer von beiden Seiten vernehmbar. Um dieselbe Zeit wird etwa 100 Meter südwärts der Straßenkreuzung am Biefang ein amerikanischer Panzer durch Artilleriebeschuss gesprengt. Damit beginnt ein lebhaftes Artillerieduell."

Um 7.30 Uhr am Sonntag, 4. März, fahren amerikanische Panzer über die Krefelder Straße nach Norden in Richtung Stadt. "Die Panzer fahren im Schritttempo, sie decken rechts und links von ihnen vorrückende Infanterieabteilungen. Bei diesem Vormarsch fällt kein Schuss." Amerikanische Infanterie besetzt das Martinstift. Über die Krefelder Straße und die Neustraße rücken die Amerikaner unter Panzerdeckung weiter in die Stadt vor und über die Kranichstraße weiter in Richtung Nordosten und über das Stadtinnere sowie die Homberger Straße nach Osten. Dr. Martin: "Die Zivilbevölkerung in allen Stadtteilen zeigte weiße Fahnen, die mehr oder weniger improvisiert waren . . . Am späten Nachmittag des 4. März waren die Moers unmittelbar berührenden Kampfhandlungen beendet, nachdem jeder deutsche Widerstand im Gebiet ostwärts der Stadt bis zum Rhein aufgehört hatte." Bereits am 3. März hatten die Amerikaner Neukirchen-Vluyn eingenommen, Kamp-Lintfort wurde, nach erbittertem deutschem Widerstand auf einer Linie zwischen Bönnighardter Wald bis zum Rayener Berg, am 5. März besetzt.

(RP)
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