Moers Brückenbau zwischen Schule und Betrieb

Moers · Die Volksbank Niederrhein hat eine Initiative gestartet, die junge Menschen früher als bisher mit den Ausbildungs- und Aufstiegs-Chancen im Handwerk bekannt machen möchte. Der Startschuss fällt am 18. Juni in Moers.

 Guido Lohmann (links), Josef Lettgen (Mitte) und Günter Bode (rechts) mit den Auszubildenden Denal Forcakovic und Leon van den Boom bei Schweißarbeiten im Handwerklichen Bildungszentrum in Moers.

Guido Lohmann (links), Josef Lettgen (Mitte) und Günter Bode (rechts) mit den Auszubildenden Denal Forcakovic und Leon van den Boom bei Schweißarbeiten im Handwerklichen Bildungszentrum in Moers.

Foto: Klaus Dieker

Es scheint, als hätte Guido Lohmann, der rührige Chef der Volksbank Niederrhein, ein neues Lieblingsthema gefunden. Schon beim Unternehmer-Tag in Kamp-Lintfort hatte er in seiner Begrüßungsrede gegen den "Akademisierungswahn" in Deutschland gewettert, der viele junge Leute in eine berufliche Sackgasse leite und Betrieben ihren Nachwuchs nehme. Den Worten lässt Lohmann nun Taten folgen. Gemeinsam mit der Kreishandwerkerschaft soll ein "Dialog für Ausbildung starten. Am 18. Juni wollen sich die Beteiligten zum ersten Mal im Handwerklichen Bildungszentrum in Moers treffen.

Der Ansatz: Ausbildungswillige Unternehmen und berufsbildende Fachkräfte der Schulen am Niederrhein sollen enger zusammenrücken. Gedacht ist an "Werkstattgespräche", in denen vor allem jungen Leuten ohne Abitur Perspektiven für den Einstieg ins Berufsleben eröffnet werden.

Hintergrund der Initiative ist eine Entwicklung, die Lohmann als alarmierend empfindet. In diesem Jahr sind 2,7 Millionen Studenten in Deutschland an Hochschulen eingeschrieben, doch weniger als zwei Millionen machen eine Ausbildung. Noch vor neun Jahren lag die Zahl der Auszubildenden über der der Studenten. Schon jetzt könnten in Deutschland 40 000 Lehrstellen nicht besetzt werden. Angeheizt durch die demografische Entwicklung, so der Bank-Chef, werde sich die Lage weiter verschärfen. Lohmann: "Mittelfristig geht es um die Existenz vieler Betriebe." Lohmann sieht drei verantwortliche Gruppen für diese verhängnisvolle Entwicklung: Erstens Eltern, die ihre Kinder zum Abitur um jeden Preis drängten, zweitens die Politik, die Bildungsgleichheit nur durch das Abitur gewährleistet sehe und drittens Betriebe, die nur noch Akademiker einstellten. "Dabei kann man im Handwerk richtig Geld verdienen", sagt Kreishandwerksmeister Günter Bode. Er muss es wissen. Schließlich führt er in dritter Generation einen Malerbetrieb.

Doch zu vielen jungen Leuten hat sich das noch nicht rumgesprochen. Das Interesse an einem Ausbildungsplatz im Handwerk ist überschaubar. Zu dem jüngsten mit großen Aufwand organisierten Berufetag des Bildungszentrums, so Bode, seien aus dem gesamten Kreisgebiet gerade einmal 70 Schüler gekommen. Besonders Betriebe aus dem Nahrungsmittelbereich, wie Bäcker oder Fleischer, hätten es im Wettbewerb um den Nachwuchs schwer.

Das soll sich ändern, indem Schulen und Betriebe sich enger vernetzen und Lehrer wie Ausbilder sich besser kennenlernen. "Wenn ein Lehrer etwa einen Praktikumsplatz braucht", verspricht Lettgen, "muss er mich nur anrufen. Dann finden wir schon einen Betrieb." Bereits jetzt haben 20 Betriebe und ein Dutzend Schulen ihre Teilnahme zugesagt, jeder Interessierte ist eingeladen, die Initiative mit Leben zu füllen und eigene Ideen einzubringen.

(RP)
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