Moers Bürger wollen gegen Amprion klagen

Moers · Neue Messungen von "Moers unter Hochspannung" haben eine Überschreitung des zulässigen Geräuschpegels durch das Umspannwerk Utfort ergeben. Laut Netzbetreiber Amprion steht der Bau einer Schallschutzmauer noch aus.

 Seit Jahren steht das in unmittelbarer Nähe zu Wohngebieten liegende Umspannwerk Utfort (das Foto stammt von 2012) in der Kritik.

Seit Jahren steht das in unmittelbarer Nähe zu Wohngebieten liegende Umspannwerk Utfort (das Foto stammt von 2012) in der Kritik.

Foto: Klaus Dieker (Archiv)

Als der Netzbetreiber Amprion sich im vergangenen Jahr an den Umbau des Umspannwerks Utfort begab, ging es nicht nur darum, alte Transformatoren zu ersetzen. Es ging auch darum, die immer wieder über eine störende Geräuschkulisse klagenden Anwohner der benachbarten Wohngebiete durch Lärmschutzwände zu schützen. "Es wird so, dass es von den Nachbarn nicht als störend wahrgenommen wird", hatte der Amprion-Umweltbeauftragte Siegbert Gesang im Juni 2015 angekündigt.

Glaubt man der Bürgerinitiative "Moers unter Hochspannung", waren dies leere Worte. Jedenfalls fühlen sich Anwohner nach wie vor durch das Summen der Trafos und Leitungen gestört. Die Initiative untermauert die Wahrnehmung durch Ergebnisse von Messungen des Schallpegels an drei Apriltagen nach 23 Uhr. Werte von 38,4 beziehungsweise 36,8 und 40,2 dB(A) seien ermittelt worden - alle liegen über dem zulässigen Grenzwert für nächtliche Geräusche in Wohngebieten von 35 dB(A). Und dies, obwohl ein Teil der Anlagen abgeschaltet sei, weil ein weiterer Trafo ersetzt werde, wie Helmut Breitfeld, Vorsitzender der Initiative, sagt.

Die Bürgerinitiative nimmt dies zum Anlass, ihre Forderung nach einer Verlagerung des Umspannwerks zu erneuern. Die Berechtigung dieser Forderung wolle man juristisch prüfen lassen. "Wir werden Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf einreichen", kündigt Breitfeld an. Zwar habe die Initiative kein Geld, um einen Anwalt einzuschalten. "Aber für die erste Instanz brauchen wir keinen Rechtsbeistand."

Möglicherweise hat "Moers unter Hochspannung" vorschnell gemessen. Im Gespräch mit unserer Redaktion wies Amprion-Pressesprecher Andreas Preuß gestern darauf hin, dass die Arbeiten im Umspannwerk bis Dezember laufen. Der geplante Schallschutz sei noch nicht komplett. Andererseits zeigte sich Preuß sicher, dass Amprion so oder so die zulässigen Grenzwerte einhalte.

Der Vorstand von "Moers unter Hochspannung" sieht einen weiteren Grund zur Hoffnung, dass man sich gegen Amprion behaupten könne. "Es gibt Genehmigungen für Erweiterungen der Umspannanlage, aber keine Grundgenehmigung für den Betrieb", sagt Breitfeld. Das möge daran liegen, dass die Anfänge des Umspannwerks in der Vorkriegszeit liegen. "Aber dann muss man neu klären, unter welchen Bedingungen die Anlage betrieben werden kann."

Die Utforter stemmen sich ebenso weiter gegen den Neubau einer Hochspannungsleitung ("Stromautobahn") und verlangen darüber hinaus eine "bürgerfreundliche Führung der vorhandenen 220- und 380-kV-Trassen". Sie führen unmittelbar an Häusern und einer Schule vorbei. Viele Menschen befürchten, dass dies ihrer Gesundheit schade. Der Bau der Stromautobahn liegt laut Amprion für mehrere Jahre auf Eis. Den Anlass für den Planungsstopp bot vor einigen Monaten eine damals erwartete, inzwischen erfolgte Änderung des Gesetzes zum Ausbau von Energieleitungen. Die Bürgerinitiative sieht sich dadurch gestärkt. Die "Rheinquerung im Abschnitt Wesel-Utfort" zählt nach dem Gesetz zu einigen Pilotprojekten, bei denen der Einsatz von Erdkabeln bei Wechselstrom-Höchstspannungsleitungen getestet werden kann. Netzbetreiber sollen dadurch Gelegenheit bekommen, Erfahrungen mit der neuen Technik zu sammeln. Nach dem Gesetz können Netzbetreiber zur Erdverkabelung auch verpflichtet werden - zum Beispiel wenn es darum geht, Mindestabstände zur Wohnbebauung zu wahren.

Amprion bereitet derzeit die Rheinquerung per Erdkabel vor. Preuß betonte, dass es dabei um die Querung des Flusses im engeren Sinne gehe. Wo genau das Kabel aus der Erde treten wird, stehe zwar noch nicht fest. Auf keinen Fall solle es aber bis Utfort reichen. Andererseits gab Preuß zu: "Gesetze sind auslegbar."

"Amprion ist in der Bredouille", glaubt Helmut Breitfeld. Und er ist zuversichtlich, dass die Zeit großer Überland-Stromleitungen über kurz oder lang zu Ende geht. "Sie werden überflüssig, wenn die Atomkraftwerke und Kohlekraftwerke abgeschaltet sind." Der Strom werde zunehmend durch dezentral gelegene Photovoltaik- oder Windkraftanlagen "vor der Haustür" der Verbraucher gewonnen. Die neuen Enni-Windräder in Repelen seien Beispiele dafür.

(RP)
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