Interview: Serie Die Moerser Schätze Im Schloss (1) Das Skelett vom Daubenspeckshof

Moers · Grafschafter Museum und Rheinische Post begeben sich in einer gemeinsamen Serie auf eine Zeitreise von der frühen Eisenzeit bis heute und erzählen die Geschichten zu den Objekten und Exponaten, die im Moerser Schloss ausgestellt sind.

 Hans Deden zeigt den mysteriösen Knochenfund, der in Teilen heute im Grafschafter Museum ausgestellt ist.

Hans Deden zeigt den mysteriösen Knochenfund, der in Teilen heute im Grafschafter Museum ausgestellt ist.

Foto: Klaus Dieker

moers Unscheinbar liegen die Teile eines Skeletts in einer der Glasvitrine im Grafschafter Museum. Zuunterst, weshalb es Besuchern nicht sofort ins Auge fällt. Und doch umgibt diese Knochen ein Geheimnis, das die Forschung bis heute noch nicht endgültig gelüftet hat. Gefunden wurden sie auf dem Daubenspeckshof in Hülsdonk. Als der Bauernhof, der sich mehr als 500 Jahre in Familienbesitz befand, in den 1990er Jahren abgerissen wurde, entdeckten die Archäologen, die die Bauarbeiten begleiteten, Funde von der Eisenzeit bis in die Frühe Neuzeit, darunter auch das Skelett eines Rindes, das nicht in einem Stück begraben worden war. "Dem Tierkadaver waren Kopf und Füße abgeschlagen worden. Der Rumpf lag in zwei gleich große Hälften zerteilt in der Erde. Wer legt denn ein Tier so tranchiert in die Erde?", fragt sich Hans Deden noch heute. Er hatte sich über viele Jahre lang ehrenamtlich als Denkmalpfleger engagiert und viele der archäologischen Ausgrabungen in Moers begleitet.

Hans Deden hatte seinerzeit sogleich einen Verdacht, womit dieser mysteriöse Knochenfund es auf sich haben könnte: "Meine ursprüngliche Theorie war, dass es sich um einen Fund aus der frühen Eisenzeit handelt, um eine Opfergabe für einen Wassergeist, der das Hochwasser mitbrachte und Eisenoxid ausspülte." Ganz von der Hand zu weisen, war die Theorie des Moersers nicht. Sowohl auf dem Daubenspeckshof als auch auf einer ebenfalls im Stadtteil Hülsdonk liegenden Baustelle waren vor rund 20 Jahren Funde aus der Eisenzeit zutage gefördert worden. Die archäologischen Grabungen fanden auf dem Gelände statt, auf dem die Firma Onken damals ihren Neubau errichten ließ. Die gesamte Fläche von rund 80 000 Quadratmetern, ein sogenanntes Donkengebiet, wurde bis zu einer Tiefe von zwei Metern untersucht. Die Experten des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege beim Landschaftsverband Rheinland entdeckten unter anderem Gräber aus der niederrheinische Grabhügelkultur (500 bis 1000 vor Christus), eisenzeitliche Siedlungsreste und zwei mittelalterliche Höfe mit Brunnenanlagen. Es war ein bedeutender Fund, der wichtige Aufklärung über die Siedlungsgeschichte der Stadt geben konnte. Zu den Funden, die in Monate langer Arbeit zutage gefördert wurden, gehörten zum Beispiel viele keramische Teile aus sogenannten Abfallgruben, aber auch ein Steinbeil mit der passenden Schleifwanne, in der das Gerät bearbeitet worden sein muss. Die Schleifwanne ist heute im Grafschafter Museum zu sehen. Der Boden gab damals auch ein Gräberfeld aus der Grabhügelkultur frei und damit auch mehrere Vorratsgefäße, die auf die frühe Eisenzeit schließen ließen.

Die Grabungen auf dem Daubenspeckshof gingen seinerzeit auf Voruntersuchungen zurück, die Hans Deden als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Amts für Bodendenkmalpflege gemacht hatte. "Schon 1962 hatte man dort frühzeitliche Siedlungsfunde gemacht." Ob der mysteriöse Knochenfund vom Daubenspeckshof aber tatsächlich ein Zeugnis für eine kultische Handlung in der Eisenzeit ist, das bleibt bis heute ein Rätsel. Auf Dedens Initiative wurde im Jahr 2008 ein Knochen des Skeletts mit finanzieller Unterstützung des Grafschafter Museums- und Geschichtsvereins einer C 14-Untersuchung unterzogen, um das Alter der Knochen herauszufinden. "Dabei kam heraus, dass das Skelett auf die Zeit zwischen 1650 und 1950 zu datieren ist", berichtet Museumsleiterin Diana Finkele. Hans Deden mag es nicht glauben: "Ich lasse höchstens 1650 gelten", sagt er verschmitzt. Für eine weitere Untersuchung ist es heute zu spät: Die Knochen wurden so konserviert, dass man sie nicht mehr überprüfen lassen kann. Und am Ende bleibt die Frage: Warum wurde das Tier auf diese Art zerlegt und begraben?

(RP)
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