Moers Der Stadtgarde gehen die Gardisten aus

Moers · Nach Streit mit dem Vorstand haben die meisten Mitglieder den Verein verlassen und ein "Garde Corps" gegründet.

Hinter den Kulissen des Karnevals geht es bitterernst zu: Die Stadtgarde Blau-Weiß Moers tut derzeit ihr Bestes, um dieses Vorurteil zu bestätigen. Nur eine Session lang hat der 2015 gegründete Verein das Grafschafter Prinzenpaar begleitet. Johann I.und Gisela II. müssen in diesem Jahr schon wieder auf die Gardisten in ihren flotten Uniformen verzichten. Grund ist ein vereinsinterner Streit. Schon im November, als Volksbank-Chef Guido Lohmann den "Ehren-Zabel" überreicht wurde, hatte es bei der Stadtgarde gekriselt. Kurz später kam es zum offenen Bruch. Inzwischen haben zehn Gardisten ihre Mitgliedschaft gekündigt oder sind aus dem Verein ausgeschlossen worden. Mit ihnen haben weitere Mitglieder - die Rede ist von rund 40 - der Stadtgarde den Rücken gekehrt, darunter auch das Tanzmariechen Maike Dautzenberg.

"Wir haben einen Fehler gemacht und bei der Gründung eine Standardsatzung aus dem Internet genommen", sagt Jürgen Sauer, einer der Gründungsmitglieder und jetzigen Abtrünnigen. Diese Satzung verleihe dem Vorstand weite Befugnisse. Das habe eines der Vorstandsmitglieder ausgenutzt. Ein "Erdogan-ähnliches" Gehabe kritisiert Günter Schülling, ebenfalls Ex-Gardist. Der vereinsinterne Zoff ist auch in die sozialen Netzwerke getragen worden. Rechtsanwälte wurden eingeschaltet.

Die zehn ehemaligen Stadtgardisten samt Tanzmariechen haben sich nun auf eigene Beine gestellt und die "Karnevalistische Interessengemeinschaft (KIG) Garde Corps der Stadt Moers" gegründet. "Wir wollen keinen Streit, sondern feiern und Spaß haben", versichert Sauer (59). Seit vielen Jahrzehnten ist der Moerser im Karneval aktiv. Die Trennung von der Stadtgarde habe ihm wehgetan. "Das war mein Herzenskind." Wie Sauer und Schmülling betonen, soll das Garde Corps keine Konkurrenz zur Stadtgarde bilden. Allerdings sei man in der Lage, die Auftritte der Stadtgarde zusammen mit dem Gardemusikzug Blau Weiß Asberg und der Elfengarde ersatzweise zu übernehmen. Die Stadtgarde selbst habe kaum och Personal. Und neue Gardisten seien nicht aus dem Hut zu zaubern, schließlich koste die historische, originalgetreue Uniform rund 2500 Euro.

Ein Angebot, dass die Rest-Stadtgarde dankend ablehnt. "Selbstverständlich machen wir weiter", kündigt Präsident Bernd Steinhardt an. "In diesem Jahr legen wir aber eine Pause ein, um Ruhe einkehren zu lassen." Der Verein habe noch einige Gardisten und 72 andere Mitglieder. Man wolle um weitere Gardisten werben. Die Stadtgarde sei "überall willkommen" und genieße die Rückendeckung des Kulturausschusses Grafschafter Karneval (KGK). Den Bruch mit Sauer, Schülling und Co. erklärt Bernd Steinhardt mit Meinungsverschiedenheiten: "Wir haben einen entscheidungskräftigen Vorstand. Wenn das einigen nicht passt, ist das ihr Problem."

Hans Kitzhofer, Präsident des KGK, findet es nicht tragisch, wenn das Prinzenpaar seine Termine ohne Gardisten wahrnehmen muss. "Das hatten wir früher auch, damit müssen wir leben." Er führt die Probleme bei der Stadtgarde auf deren schnelles Wachstum zurück: "Es gibt dort viele Leute, die sehr dominant sind, dadurch gibt es Interessenskonflikte." Kitzhofer geht davon aus, dass die Stadtgarde sich zusammenrauft und in der nächsten Session weitermacht. Für das neue Garde Corps - Kitzhofer spricht von "Fahnenflüchtigen" - sieht er im Kulturausschuss vorerst keine Zukunft. "Die müssen sich erst beweisen und einen Karnevalsverein gründen. Als Interessengemeinschaft haben sie bei uns keine Chance."

Sauer, Schülling und die anderen Ex-Gardisten lassen derzeit offen, ob sie einen neuen Verein gründen. Soviel steht für sie aber schon jetzt fest: "Es müsste ein offener Verein sein, in dem die Mitglieder mitreden dürfen und der Vorstand nicht über allem steht."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort