Unsere Woche Die Chance für einen Schlussstrich?

Moers · In der vergangenen Woche hat Reiner Michalke sein Amt als künstlerischer Leiter des Moers-Festivals nach jahrelangen Querelen zur Verfügung gestellt.

Mit erstaunlicher Gelassenheit hat die Moerser Kulturwelt auf die Nachricht reagiert, dass Reiner Michalke bereits ab dem kommenden Jahr das Moers Festival nicht mehr als künstlerischer Leiter betreuen will. Bis auf wortkarge Würdigungen seiner Tätigkeit, die sich mehr nach pflichtschuldigem Dank als aufrichtigem Bedauern anhören, hat es keine Zeichen gegeben, dass Moers dem Kölner eine Träne hinterher weint.

Das ist angesichts der elf Festivals unter Michalke vielleicht unfair, aber verständlich. Zu offen hat Michalke die Kompetenz des Geschäftsführers der Moers GmbH, Dirk Hohensträter und seiner Berater angezweifelt, als dass eine Zusammenarbeit weiterhin vorstellbar gewesen wäre.

Dabei ist unerheblich, ob Michalke nicht in dem einen oder anderen Punkt vielleicht Recht hatte. Entscheidend ist, dass Michalke Hohensträters alleinige Zuständigkeit in Finanzsachen nicht anerkannte und glaubte, ihn vorführen zu dürfen - zum Teil sogar in aller Öffentlichkeit.

Dabei hat er offensichtlich darauf gesetzt, die Politik gegen den gestandenen Verwaltungsmann Hohensträter zu mobilisieren. Zeitweise setzte er dabei in erster Linie auf das Bündnis für Moers, dann versuchte er über eine Charming-Offensive gegenüber der CDU eine große Koalition hinzubasteln. Am Ende stand er allein da.

Nun hat hinter den Kulissen bereits die Suche nach einem Nachfolger begonnen. Wer auch immer das Rennen macht, muss vor allem drei Kriterien erfüllen.

Er (oder sie) muss sich in der jungen Musikszene auskennen und zwar sowohl regional, national und international. Er muss am Niederrhein verwurzelt sein: Nur so ist es möglich, dem Festival wieder ein Stück Identität einzuhauchen und auch die örtliche Wirtschaft einzubinden.Und last but not least: Er soll seinen eigenen Kopf haben, muss aber politische Entscheidungen akzeptieren und vertreten.

Noch besser aber wäre es, die Stadt könnte einen Schlussstrich ziehen und das Festival in Würde begraben. An den Moersern rauscht diese Veranstaltung seit ein paar Jahren ohnehin komplett vorbei, und die internationale Reputation verdankt sich ungeachtet jüngster Preise vor allem nostalgischen Erinnerungen.

Doch wahrscheinlich müssen alle, bis auf Michalke, weitermachen. Mit der Festivalhalle hat die Stadt einen Klotz am Bein, den sie so leicht nicht mehr los wird.

Ein schönes Wochenende! juergen.stock@rheinische-post.de

(RP)
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