Moers Die evangelische Beratungsstelle ist stark gefragt

Moers · Verschuldung, Verzicht, Schamgefühle, die Erfahrung von Mangel und Ausgrenzung - materielle Armut kann die Seele belasten. Die Mitarbeiter der evangelischen Beratungsstelle Duisburg/Moers wissen um dieses Problem. Ein hoher Anteil der Frauen, Männer und Familien, die die Beratung der Fachkräfte in der Dienststelle suchen, haben mit den familiären und seelischen Auswirkung ihrer sozialen Not zu kämpfen.

"Insgesamt setzen sich die Trends der letzten Jahre fort", sagt Ulrike Stender, Leiterin der Beratungsstelle. Neben sozial benachteiligten Familien suchen auch viele mit Migrationshintergrund den Rat der Fachkräfte. Die Zahl der Familien, deren Kinder noch im Vorschulalter waren, stieg im Vergleich zu den beiden Vorjahren sogar noch an. Insgesamt 918 "Fälle" wurden in der Erziehungs-, Familien-, Paar- und Lebensberatung verzeichnet. Hinter einem "Fall" kann eine Einzelperson, ein Paar oder auch eine Familie mit mehreren Mitgliedern stehen, so dass die Zahl der beratenen Menschen viel größer ist als die Fallzahl.

"Die tatsächliche Nachfrage lag allerdings noch höher. Es mussten in Einzelfällen Ratsuchende an andere Stelle weiter verwiesen werde, um die Wartezeiten nicht unzumutbar lang werden zu lassen", weiß Einrichtungsleiterin Ulrike Stender. Für die Beratungsstelle ein Dilemma. Denn umgekehrt verweisen niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten Therapiesuchende an die Beratungsstelle. Vom NRW-weiten Psychotherapeutenmangel ist auch die Region um Moers und in Duisburg betroffen. Für Ulrike Stender ein Grund zur Besorgnis, denn die Zahl derjenigen, die aufgrund psychischer Leiden arbeitsunfähig werden, steigt: "Frauen und Männer, auch solche die nicht für minderjährige Kinder zu sorgen haben, leiden unter Leistungs-, Mobilitäts- und Konkurrenzdruck im Erwerbsleben und Arbeitsplatzunsicherheit durch ständige sogenannte Restrukturierungsmaßnahmen." Zusätzlich zu der psychologischen Beratung bietet die Einrichtung Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatung an. 1064 Frauen suchten 2014 den Rat der Schwangerschaftskonfliktberatenden, auch hier eine gestiegene Nachfrage. Die Zahl der Anträge auf finanzielle Hilfen, die die Berater stellen, ist im Jahr 2014 gestiegen. Für die schwangeren Frauen, die sich dafür entscheiden, ihr Kind zu bekommen, leistet die Beratungsstelle wichtige präventive Arbeit: "Wir begleiten die Frauen während der gesamten Schwangerschaft, damit sich eine stabile Mutter-Kind-Beziehung entwickeln kann", erklärt Ulrike Stender. Um Problemen vorzubeugen, können Mütter in der "Beratung für Eltern im Babystress" lernen gelassener zu werden und Signale ihres Babys besser zu verstehen. Seit vergangenem Jahr beraten die Fachkräfte der Beratungsstelle außerdem zur Möglichkeit der "Vertraulichen Geburt", bei der Schwangere, die sich in einer scheinbar ausweglosen Lage befinden und die Geburt ihres Kindes geheim halten wollen, ihr Kind medizinisch betreut unter einem Pseudonym in einer Geburtseinrichtung gebären können. Bei der Beratung zur Vertraulichen Geburt fungierte die Beratungsstelle als Vorreiter: Die zuständige Fachkraft absolvierte als eine der ersten bundesweit die Pilotfortbildung für diese neue Regelung.

In Moers ist die Beratungsstelle an der Humboldtstraße 64, 02841 9982600, Nachfragen montags bis mittwochs 8.30 bis 12 Uhr und 14 bis 16 Uhr; donnerstags 14 bis 170 Uhr freitags 8.30 bis 12 Uhr. Beratungstermine montags bis freitags nach Vereinbarung.

(RP)
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