Moers Die Farben des Niederrheins auf Leinwand

Moers · Der Moerser Künstler Hans Werner Thurmann liebt den Farbreichtum seiner Heimat. Wer ihn als Heimatmaler abstempelt, liegt aber schwer daneben. "Ich will die Wahrnehmung der Menschen bereichern", sagt er.

 Hans Werner Thurmann ist am Niederrhein aufgewachsen und arbeitet hier.

Hans Werner Thurmann ist am Niederrhein aufgewachsen und arbeitet hier.

Foto: Christoph Reichwein

Was? "Kunst am Niederrhein" sei seine Internetseite etikettiert? "Das muss ich schnell ändern lassen", meint Hans Werner Thurmann. Denn eins will der Künstler bestimmt nicht sein: ein Heimatmaler. Ja, er ist dem Niederrhein verbunden, ist hier aufgewachsen, kennt sich aus, fühlt sich sicher. Und ja, ohne das Licht des Niederrheins, das er von Kindesbeinen in sich aufgesogen habe, wäre seine Kunst nicht das, was sie ist. "Der Niederrhein besitzt ein vielfältigeres Farbspektrum als der Süden", ist Thurmann überzeugt. "Es ist für einen Maler wie mich, der sich mit den Phänomen Farbe beschäftigt, günstig, hier beheimatet zu sein." Aber dem Niederrhein ein Denkmal setzen - nein, das ist Thurmanns Sache nicht. "Ich will die Wahrnehmung der Menschen bereichern."

Thurmann, Jahrgang 1950, ist in Moers aufgewachsen, hat an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Joseph Beuys studiert und lebt seit 40 Jahren als freischaffender Künstler. "Ich hab nie was ,Richtiges' gemacht", sagt er lachend. Dass es ihm gelungen ist, sich mit dem, was er kann und liebt über Wasser zu halten, empfindet er mit Dankbarkeit und Freude, auch wenn es Zeiten voller Sorgen und Ängste gegeben habe.

Wie das mit der Malerei begann? Thurmann erinnert sich an die Farbstifte, die ihm sein Vater gab, und daran, wie er für seine Oma ein Bild mit Aquarellfarben aus dem Lexikon abmalte. "Das war ein Monet, mit Segelbooten." Vor allem aber denkt er an das Atelier des Restaurators Richard Perret zurück, der ein paar Häuser weiter wohnte. Mit sechs verlief er sich erstmals dorthin. "Perret hatte da Rubense und andere solche Sachen stehen." Und der renommierte Restaurator, der in Kirchen von Xanten bis Aachen tätig war, freute sich, wenn "der kleine Thurmann" mal wieder zu Besuch war. Seit 2005 wohnt Thurmann wieder in seinem Elternhaus an der Hoffnungsstraße in Moers. Im Garten hat er ein Atelier gebaut, in dem es bewundernswert aufgeräumt aussieht. Auch Thurmann ist ein aufgeräumter Typ, der so gar nicht dem Klischee eines Künstlers entspricht. Er kommt hemdsärmlig rüber, er ist Boxer, Radfahrer, Dauerläufer, Schwimmer, er kann ein hervorragendes Bier brauen. Wer ihn aber nach seiner Kunst fragt, muss mit einem Exkurs über die Wirkung von Licht und Farben rechnen. "Ich neige zum Ausschweifen", bekennt Thurmann. Ja, das tut er, aber auf eine sympathische Art.

Die Landschaft des Niederrheins ist immer wieder Ausgangspunkt für Thurmanns Bilder - die Halde Norddeutschland, der Baerler Busch, das Repelener Meer, die Nieper Kuhlen, der niederrheinische Himmel. Früher sei er mit der Staffelei ausgezogen, um im Freien zu Malen, "auch bei sechs Grad minus".

Mittlerweile durchstreift Thurmann mit dem Skizzenblock die Gegend und greift nur noch im Atelier zur Palette. "Draußen ist man ängstlicher", sagt Thurmann. "Man ist geneigt, der Gegenständlichkeit mehr nachzugeben, als man eigentlich möchte." Er möchte die Dinge aber nicht abbilden, sondern sich auf die Wirkung der Farben einlassen. "Die Natur ist für mich ein Farbreservoir." Thurmann malt intuitiv. "Ich bin in einer anderen Welt. Wenn das Telefon läutet, ist es ein Kraftakt, mich von der Leinwand zu lösen." Am Anfang steht aber das genaue Hinsehen. "Man muss sich selbst zurücknehmen, Unerwartetes zulassen", sagt Thurmann, der auch von einer "inneren Bescheidenheit" spricht. Gelernt hat er diese Einstellung während des Studiums bei Beuys. "Das war eine harte Schule der Beobachtung. Am Anfang hab ich mich in den Düsseldorfer Hofgarten gesetzt und 16 Stunden lang einen Baum gezeichnet." Irgendwann machte es "klick": "Der Baum hat mir den Stift geführt." Die ganz große Anerkennung ist Thurmann bisher versagt geblieben. Wohl auch deshalb, weil ihn die "Kunstmafia", wie er den Kunstbetrieb nennt, abstößt und weil er jede Effekthascherei zu meiden suche. "Früher hab ich farbstärker gemalt. Die Bilder waren alle schnell weg. Die Gier nach dem Spektakulären ist riesengroß." Auch seine "unspektakulären" Werke finden aber immer wieder neue Freunde. "Das geht durch alle Schichten und Generationen. Es gibt Leute, die für ein Bild von mir sparen. Das ist ein großes Kompliment."

Atelierbesuche sind nach Absprache möglich. Kontakt: 02841 21881, E-Mail: info@hwthurmann.de, Internet: wp.hwthurmann.de

(RP)
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