Moers Eine Heimat für Vögel aus ganz Europa

Moers · Ende der Heimatserie: In der Rheinaue in Walsum sind viele Vogelarten zu Hause. Auch bedrohte Arten sind hier niedergelassen.

Eine starke Böe pfeift um die Ohren. Auf dem Weg, der sich an dem Deich entlang zieht, hat der Wind freie Bahn. Selbst die Gänse haben mit ihren kräftigen Flügeln gegen ihn zu kämpfen. Abheben tun die wenigsten - schnatternd und trötend läuft der braun-graue Schwarm über das Gras. "Die Rheinau ist wie eine Drehscheibe für die Zugvögel", sagt Randolph Kricke, Leiter der Unteren Landschaftsbehörde in Duisburg. Das Ruhrgebiet ist nicht nur für die Menschen ein logistischer Umschlagplatz.

Die Walsumer Rheinaue mag dem Betrachter schlicht erscheinen. Die Vogelbestände seien jedoch ein echtes Highlight, so Kricke. Und das auch mit Blick auf ganz Nordrhein-Westfalen: So brüte in der Rheinaue seit Jahren ein Schwarzmilan-Paar. Der Greifvogel lasse sich in NRW ganz selten blicken und sei ein "Paradevogel" des Walsumer Naturschutzgebietes, berichtet Kricke. Außerdem ist das Habitat am Rhein jenseits der Vogelvielfalt auch ein Bilderbuchbeispiel für eine typisch niederrheinische Landschaft. Dazu gehören insbesondere Kopfbäume - eigentlich ein von Menschenhand geschaffenes Kulturprodukt. Jedoch "gehört es hier zum typischen Landschaftsbild dazu", sagt Kricke. Über Jahrhunderte hinweg war es für die Ansässigen die beste Methode, platzsparend Holz für den täglichen Bedarf anzubauen.

Die Kopfbäume bieten mit vielen Höhlen und Verformungen im Baumstamm unterschiedlichen Tieren Brutplätze. Dazu gehört auch der Steinkauz, der in dem Walsumer Schutzgebiet allerdings mit einem geschickten Feind zu tun hat. Kricke: "Wir haben hier rund 30 Waschbären entdeckt." Die flinken Räuber plündern offensichtlich die Höhlen der Steinkäuze. Ein rohes Ei oder auch ein Junges sind für die gestreiften Raubtiere eine nahrhafte Mahlzeit. Die Waschbären sollen nun bejagt werden, da sie auch anderen Vögeln nahe kommen und zu einer großen Bedrohung werden können. Auch Wiesenpieper tummeln sich in den wassernahen Wiesenlandschaften. Eine Art, die anderorts schnell "ausgemäht" wird: "Manche Vögel sind sehr empfindlich gegen Mähungen. Sie brauchen Ruhe - auch von freilaufenden Hunden oder Menschen, die durch das Gebiet wandern", sagt der Biologe. Zwar gäbe es auch in Walsum Probleme mit Hundehaltern, die ihre Vierbeiner an falschen Orten von der Leine lassen - noch halte sich der Bestand der empfindlichen Vögel aber ganz gut. In dem Walsumer Naturschutzgebiet tummeln sich Arten, die eigentlich in anderen Klima-Regionen heimisch sind. Dazu gehört auch die Nilgans. "Viele Tiere, die andere Temperaturen gewohnt sind, kommen mit unserem Klima gut zurecht." Die Nilgans kommt ursprünglich - wie der Name es bereits vermuten lässt - aus Ägypten. Die markant gefiederten Gänse nisten gelegentlich in luftiger Höhe, was zu einem recht kuriosen Bild in der Rheinaue führt. Anstelle von Störchen besetzen ab und zu Gänsepärchen die vor Kurzem aufgestellten Storchennester. Die Landschaft hier hat viele besondere Gäste: Sogar Grau- und ein Silberreiher lassen sich auf einer nassen Wiese blicken. "Früher waren es gelegentliche Gäste", sagt Kricke. Mittlerweile würden die Schreitvögel zum Bild des Naturschutzgebietes dazugehören. Die Artenvielfalt und das Habitat zu erhalten, das sei ein großes Stück Arbeit und immer eine Gratwanderung, berichtet Kricke: "Wir müssen beachten, dass wir in den natürlichen Verlauf eingreifen, um diese Landschaft zu erhalten." Zu viel menschlicher Einfluss sei jedoch kontraproduktiv. Doch auch ganz viel Eigenverantwortung bei Spaziergängern, Hundebesitzern und Anglern gehöre dazu: "Schließlich will jeder von der Natur profitieren, sie erleben und genießen. Damit versuchen wir im Naturschutz immer zu appellieren."

(RP)
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