Klingelbeutel Eine Welt der Menschlichkeit, nicht der Macht

Moers · Am Palmsonntag erinnern sich die Christen an den Einzug Jesu in Jerusalem. Er kam nicht als Bote voller Macht und Prunk, sondern als Vertreter eines Reichs, das nicht von dieser Welt ist.

Da sitzt ein Mann auf einem Esel und reitet gemächlich in die große Stadt. Nichts Besonderes, passiert jeden Tag in Jerusalem. Im dicksten Verkehr: neben großen und schweren Limousinen, neben Reisebussen mit Horden von Touristen sitzt der palästinensische Schafhirte auf dem Weg zum Markt. Vielleicht kann er ja heute ein Geschäft machen.

Es ist eine andere Welt: Jesus sitzt ebenfalls auf einem Esel und reitet gemächlich durchs Stadttor nach Jerusalem. Es hatte sich herumgesprochen, dass der Messias kommen werde. Mit den bekannten Bildern vom "mächtigen König der Ehren" im Kopf, der jetzt endlich die römische Besatzung im Land beenden wird und wieder Ordnung herstellen wird, laufen die Leute aus Jerusalem ihm entgegen. Hochspannung, allmählich macht sich Jubel hörbar: "Hosianna dem Sohn Davids!"

Ein anderes Land, eine andere Lebensart. Und: vor allem eine andere Zeit. Und eine ganz andere Erwartung, die die Menschen an ihn, den Gesandten Gottes haben. Keine Macht, kein Prunk, kein Pferd, sondern ein Esel und Jesus allein mit seinen Freunden. So zieht dieser seltsame König in die Hauptstadt ein. Eigentlich kein Grund für Aufsehen. Aber er stört die Ordnung. Ein Sicherheitsrisiko!

Ja, das ist seine Welt: Friedlich sitzt er auf seinem Esel, friedlich will er die Menschen und die Welt verändern. Von militärischer Macht und Waffengeklimper hält er nichts. Sein Ziel ist, die Liebe, die Freundlichkeit und Barmherzigkeit Gottes zu verbreiten.

Es ist und bleibt eine andere Welt:

Sein Reich ist nicht von dieser Welt, sagt Jesus. Nach dem fast triumphalen Einzug folgt keine glorreiche Karriere, sondern das Kreuz und der Tod. Manche enttäuscht das bis heute. Wie soll so einer die Welt verändern? Ein Gutmensch, zudem noch ein Opfer. Keine Attribute für seine gesellschaftliche Anerkennung. Anderen macht das Mut. Endlich einer, der nicht auf Macht und Stärke setzt, sondern auf Vertrauen und Menschlichkeit. Beides hat unsere Welt so nötig!

Martin Gres, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Moers-Scherpenberg

(RP)
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