Christian Kaindl Er holt junge Musiker ins Bollwerk 107

Moers · Christian Kaindl sorgt für die Musik. Er ist seit einem Dreivierteljahr Kulturreferent im Jugendkulturzentrum am Moerser Bahnhof.

 Christian Kaindl kommt aus Münster, hat dort unter anderem Kulturwissenschaften und Pädagogik studiert. In der Universitätsstadt unternahm er die ersten Gehversuche, Veranstaltungen zu organisieren.

Christian Kaindl kommt aus Münster, hat dort unter anderem Kulturwissenschaften und Pädagogik studiert. In der Universitätsstadt unternahm er die ersten Gehversuche, Veranstaltungen zu organisieren.

Foto: Klaus Dieker

Herr Kaindl, Sie sind jetzt seit einem Dreivierteljahr Kulturreferent und Booker im Bollwerk 107. Haben Sie sich inzwischen gut eingelebt?

Christian Kaindl Ja. Verrückt, dass ich schon fast ein Jahr hier bin. Da ich aus Münster komme, musste ich zuerst einmal die Stadt, das Bollwerk und die Strukturen kennenlernen. Mittlerweile habe ich einiges an Veranstaltungen durchgeführt und Moers und die Moerser kennenlernen dürfen. Zuletzt beim Comedy Arts Festival durfte ich staunen, mit wie viel Biss 120 Haupt- und Ehrenamtliche begeistert an einem so großen Projekt gearbeitet haben. Ein Hit, bei so was dabei sein zu dürfen!

Ist denn alles gekommen, wie Sie es sich vorgestellt haben?

Kaindl Anfangs hatte ich schon die Sorge, dass die Projektideen, die ich in meiner Zeit in Münster realisiert habe, in Moers nicht funktionieren könnten. Münster ist dreimal so groß und hat 50 000 Studenten. Dort habe ich schon als Student meine ersten Vortragsreihen, Konzerte und Straßenfeste organisiert. Als ich vor einem Jahr das erste Mal das Bollwerk betrat, ratterten in meinem Kopf sofort die Ideen, was man alles in diesen Räumlichkeiten anstellen könnte. Mittlerweile würde ich sagen, entwickele ich ein immer besseres Gespür dafür, was hier funktioniert.

Wie verstehen Sie Ihre Aufgaben als Booker und Kulturreferent?

Kaindl Kooperationen wie das Klangwerk oder das Ant-Zen-Festival sind uns sehr wichtig. Hinter diesen Formaten stehen jeweils Gruppen von Musikfans, die mit ihren Ideen zu uns kommen, und wir schauen, ob diese sich realisieren lassen. Wir unterstützen sie und kümmern uns um die Infrastruktur. Diese Kooperationen zu pflegen, gehört neben dem Booking und der Vermietung der Halle zu meinen Aufgaben.

Welche weiteren Kooperationen gibt es zum Beispiel?

Kaindl Das Moersquake ist hier genauso zu Hause wie ein Projekt von Studenten aus Nimwegen, die bei uns ein Benefiz-Konzert für ein Schulprojekt in El Salvador organisiert haben. Diese Gruppe hat zum ersten Mal so eine Veranstaltung gestemmt. Auch das Rock-It fand dieses Jahr wieder in unseren Räumen statt. Und so verstehe ich meinen Job. Es geht darum, die Leute zu aktivieren, selbst etwas auf die Beine zu stellen und nicht nur zu konsumieren. Genau solche eigenständig realisierten Projekte sind für viele die Initialzündung, Kultur zu machen. Es geht darum, die Energie der Leute in Kreativität umzusetzen.

Wie hat sich das Programm mit Ihnen als Booker verändert?

Kaindl Ich würde eher sagen, dass wir das Programm erweitert haben. Im vorletzten Jahr lag der Schwerpunkt vor allem auf elektronischer Musik. Jetzt veranstalten wir wieder mehr handgemachte Musik. Neu ist zum Beispiel der Backstage-Ball. Für diesen bauen wir eine Bühne in den Backstage-Raum und veranstalten kleine Konzerte mit unterschiedlichen Spielarten alternativer Musik. Dabei treffen hiesige auf überregionale Bands, beispielsweise aus Norditalien oder Griechenland.

Wie wurden die Backstage-Konzerte vom Publikum angenommen?

Kaindl Ein Konzert ging richtig durch die Decke, ein anderes hat gefloppt. Woran das liegt, ist schwer zu sagen. Bei uns steht und fällt beispielsweise vieles mit der Verkehrsanbindung. Wenn der letzte Zug am Wochenende gegen 0.30 Uhr abfährt, leert sich die Halle – wochentags sogar zwei Stunden eher.

Und was gibt es sonst noch Neues?

Kaindl Neu ist zum Beispiel die Jazz-Session. Wir haben außerdem die Weltmusik mit einer allmonatlichen Party ins Bollwerk geholt. Beim Publikum sind auch die Konzerte mit Fanfara Kalashnikov und SkaZka richtig gut angekommen. Damit haben wir ein breites Altersspektrum von 18 bis 60 erreichen können. Zugegebenermaßen habe ich ein gewisses Faible für osteuropäische Bands und eine Leidenschaft für Trompeten-Sounds im Balkan-Style. In diesem Zusammenhang muss ich an die rassistischen Übergriffe in Duisburg-Rheinhausen denken. Ich freue mich sehr, dass es gelingt, mit den Nachtwachen dort ein Zeichen zu setzen. Ich wünsche diesen couragierten Menschen alles Gute und bin dankbar dafür. Indem wir Musik aus aller Welt veranstalten, hoffe ich, dass wir auch einen Beitrag leisten, Ressentiments entgegen zu wirken.

Beim Fanfara Kalashnikov-Konzert gab es eine Zusammenarbeit mit Konrad Göke, der das Kulturprogramm in der Dorfkirche in Repelen kuratiert. Passt das?

Kaindl Die sehr produktive Zusammenarbeit mit Konrad Göke macht mir große Freude. Seine Veranstaltung "Zigeuner, Klischee und Wirklichkeit" in der Repelener Dorfkirche war ein kulturelles Erlebnis der besonderen Art - politisch und inhaltlich wirklich schlau. Als nächstes planen wir für Anfang Oktober ein Projektwochenende zum Thema "Musik und Behinderung" mit einer Party, mit Lesungen und Ausstellungen.

(RP)
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