Rheurdt Erinnerungen an eine Kindheit in Rheurdt

Rheurdt · Der in Schaephuysen aufgewachsene Autor Hermann-Josef Schüren las in der Bücherei St. Hubertus.

Das Pfarrheim in Schaephuysen ist am Sonntagnachmittag rappelvoll, als Hermann-Josef Schüren mit der Lesung beginnt. Für sein Publikum hat der Autor, der seine Kindheit in Saelhuysen verbrachte, Lesepartien aus verschiedenen Büchern vorbereitet, so aus dem aktuellen Geldrischen Heimatkalender oder seinem jüngsten Buch "Junge Stiere". Im November bekam er dafür in Krefeld den Niederrheinischen Literaturpreis.

Schüren nimmt sein Publikum an Orte mit, lässt sie an Begegnungen teilhaben, die irgendwo in Rheurdt spielen. An einem Sandloch, um das Motorradfahrer ihre Runden drehen, das als Übungsplatz den Schützen dient. Schüren kramt in der Erinnerung seiner Zuhörer, als er die Geschichte von einem Jungen und einem alten Mann erzählt. In einer alten Hütte besucht der Junge den Mann. Die Furcht des Jungen vor dem Unbekannten ist spürbar. Sie kommen ins Gespräch, philosophieren über Gott und die Welt, über die Wahl der Menschheit zwischen Freiheit und Sicherheit. Fragen werden mit Geschichten beantwortet. Sie fallen aus der Zeit. Beim Publikum ist längst das Kopfkino gestartet. Orte aus längst vergangener Zeit tauchen auf und auch die Erinnerung an den alten einsamen Mann, an Kurt Schüler. Er lebte am Rande der dörflichen Gemeinschaft.

Schüren fesselt mit seiner detailreichen Geschichten, seiner Sprache und Sichtweise auf die 1960er Jahre sein Publikum. Eine Zeit, in der er als kleiner Junge mit seinen vier Brüdern Erfahrungen über die Welt machte. Jakob, der Ich-Erzähler, ist die Hauptfigur in "Junge Stier", der von der bäuerlichen Existenz der Eltern erzählt, von rauen Erlebnissen auf dem Hof in Saelhuysen. Vieles lässt er mit Jakob in autobiografischen Zügen aufleben. Manches ist Fiktion im Episodenroman, der von einem Landleben mit harten ungeschriebenen Regeln gepaart mit damaligem Eigenheiten und vorherrschendem Zeitgeist erzählt. So verpackt er in seiner "Mama-Geschichte" die kindliche Sehnsucht nach Nähe. "Der Handschlag mit dem Vater war für uns die höchste Form der Intimität", so Schüren. Einmal legte der Vater, zu dem das Verhältnis eher distanziert war, den Arm auf seine Schultern. "Der Arm lastete schwer auf mir. Es war ein wunderbares Gefühl", so Schüren, der dann von Erlebnissen auf dem Hof früh morgens berichtet. Seine Mutter nahm ihn in den Schweinestall. Erstmals erlebt er die Geburt von Ferkeln und die Hebammenrolle seiner Mutter. Für Schüren war sie damals die Zauberin im Nachthemd, die die Sau mit dem ganzen Körper beim Geburtsvorgang unterstützte. Das Jahresgedächtnis ist eine der nächsten Geschichten Schürens, bei der er seine ruppige wie vergessliche Oma Gertudis beschreibt.

Schüren lebt in Aachen, arbeitet als Lehrer und Autor. Nach Schaephuysen kam er auf Einladung der Katholischen öffentlichen Bücherei St. Hubertus. Sein neues Buch "Junge Stiere" hat 270 Seiten und kostet 19,95 Euro.

(RP)
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