Moers Faszination für Orte des Verfalls

Moers · Am kommenden Sonntag wird im Rathaus Rees eine Ausstellung mit Bildern von Ines Malangeri eröffnet. Die Reeser Fotografin besuchte im vergangenen Jahr Tschernobyl und hielt fest, wie sich die Natur ihren Platz zurückerobert.

Moers: Faszination für Orte des Verfalls
Foto: Ines Malangeri

Es waren nur zwei Tage, die Ines Malangeri im vergangenen Jahr in Tschernobyl verbrachte. Doch satte 2800 Mal drückte die heute 27-jähriger Reeserin in dieser kurzen Zeit auf den Auslöser ihrer Kamera. Sie hielt dabei fest, wie sich die Natur - 30 Jahre nach der größten Reaktorkatastrophe der Geschichte - ihren Platz zurückerobert. Ab kommenden Sonntag werden etwa 40 dieser Fotografien im Reeser Rathaus zu sehen sein. "Colours of Chernobyl - Die verfallene Schönheit von Prypjat" heißt die Ausstellung, die Bürgermeister Christoph Gerwers dann eröffnet.

 Oben: Ganz nah dran am Reaktor. Links ist ein Denkmal zu sehen, das den Arbeitern gewidmet ist, die bei der Katastrophe von 1986 ums Leben kamen. Links: Die Natur kommt zurück. Unten rechts im Bild: die Reeserin Ines Malangeri.

Oben: Ganz nah dran am Reaktor. Links ist ein Denkmal zu sehen, das den Arbeitern gewidmet ist, die bei der Katastrophe von 1986 ums Leben kamen. Links: Die Natur kommt zurück. Unten rechts im Bild: die Reeserin Ines Malangeri.

Foto: Ines Malangeri

Ines Malangeri ist leidenschaftliche Fotografin und arbeitet hauptsächlich im Bereich der Portrait-, Natur-, und Eventfotografie. Privat ist sie immer häufiger als Fotografin von sogenannten "Lost Places" in Deutschland, Belgien und Luxemburg unterwegs. Dieses Hobby wird als "Urban Exploring/ Exploration" (Erforschung) bezeichnet. Dabei werden verlassene Gebäude besichtigt und deren Schönheit und Verfall fotografisch festgehalten.

"Die Faszination für solche Orte ist bei mir entstanden, als ich einmal in Rees in einem alten leerstehenden Gebäude stand", schildert Ines Malangeri. Seitdem hat sie solche Gebäude immer wieder aufgesucht, vor allem in Belgien, wo es viele alte verfallene Wohnkomplexe und Villen gibt.

Ende August letzten Jahres hat sich die Fotografin dann einen zwar unkonventionellen, für sie aber sehr bedeutsamen Traum erfüllen können, und ist nach Tschernobyl gereist. Dort hat sie 48 Stunden innerhalb der radioaktiv belasteten Sperrzone verbracht, und konnte die einzigartige, mystische Atmosphäre der menschenleeren ehemaligen Arbeiterstadt Prypjat auf sich wirken lassen. " Es hat gut zwei bis drei Monate gedauert, bis alle notwendigen Formalien erfüllt waren, um diese Reise antreten zu können", erzählt sie.

Der Geigerzähler war immer mit dabei. Dem eigentlichen Reaktor konnte sich Ines Malangeri auf bis zu 50 Metern nähern. "Besonders mulmig war mir dabei nicht zumute. Beunruhigend fand ich allerdings das viele Spielzeug, das ich gesehen habe. Prypjat war eine sehr junge Stadt. Dort gab es fünf oder sechs Kindergärten", weiß sie zu berichten.

Besonders faszinierend fand sie neben der Natur, die wieder auf dem Vormarsch ist, auch die Stille, die an diesem Ort herrscht. Neben 300 so genannter Liquidatoren, die momentan mit dem Neubau eines Sarkophags für den Reaktor beschäftigt sind, leben dort nur noch einige wenige ältere Leute, die vom Staat dort geduldet werden.

Mit dem nötigen Respekt gegenüber all den Opfern dieser Tragödie, ist es für Ines Malangeri eine Herzensangelegenheit, den aktuellen Zustand der Stadt Prypjat aus einer anderen Perspektive zu präsentieren. Dort wo nicht mehr der Mensch, sondern die Natur den Lauf der Dinge bestimmt, entsteht eine friedliche Einsamkeit, in der sich die morbide Schönheit des Verfalls beobachten lässt. Diesen veränderten Blickwinkel möchte die Fotografin gerne mit einem interessierten Publikum teilen. In die Ausstellung, die bis zum 23. Juni zu sehen sein wird, führt Kunsterzieher Johannes Beenen am Sonntag ein. Der musikalische Rahmen wird von einem Streicherquartett der Haldern Strings gestaltet.

Ausstellungseröffnung: Sonntag, 12. Februar, 11.30 Uhr, Rathaus Rees.

(RP)
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