Moers Fotografin befasst sich künstlerisch mit Demenz

Moers · "Seine Hände" ist der Titel einer Fotoausstellung in der Dorfkirche in Repelen. Andrea Dieren hat ihren Vater zwei Jahre lang mit der Kamera auf den Weg in eine andere Welt begleitet. Er war an Demenz erkrankt.

 Die Fotoausstellung von Andrea Dieren wird heute Abend in der evangelischen Dorfkirche in Repelen eröffnet.

Die Fotoausstellung von Andrea Dieren wird heute Abend in der evangelischen Dorfkirche in Repelen eröffnet.

Foto: Klaus Dieker

Als Andrea Dieren sieben Jahre alt war, erklärte ihr der Vater, wie eine Kamera funktioniert. Viele Jahre später bot der Fotoapparat der Moerser Künstlerin eine neue und ungewöhnliche Möglichkeit, mit ihrem Vater zu kommunizieren. "Die Ärzte hatten bei ihm Demenz diagnostiziert", sagt Andrea Dieren. Sie beschloss, seinen Weg in eine andere Welt mit der Kamera zu begleiten. In zwei Jahren entstanden so 500 Fotografien in Schwarz-Weiß. Einen Teil zeigt die Moerserin ab heute in einer Ausstellung in der evangelischen Dorfkirche in Repelen.

"Seine Hände" ist der Titel der berührenden Präsentation. Andrea Dieren hat nur die Hände des alten Mannes in seinem letzten Lebensabschnitt mit der Kamera festgehalten. Es sind knorrige Hände voller Falten und Altersflecken, die mal eine Faust auf dem Rücken bilden, mal müde auf dem Tisch liegen, mal fragend kommunizieren. "Ich wollte den Weg der Demenz zeigen, und Hände sind auch ein Teil der Persönlichkeit. Durch die Erkrankung ging er in eine andere Welt, zu der es für mich keine Verbindung gab. Ich habe versucht, sie mit den Fotos wieder herzustellen", erläutert Dieren ihren Ansatz. "Ich habe die Fotografien in ihrem Atelier gesehen und war begeistert. Ich habe sofort gefragt, ob es noch mehr gibt", berichtet Konrad Göke, der für die Kirchengemeinde in Repelen das Kulturprogramm kuratiert. "Hände haben für uns Christen eine besondere Bedeutung. Es ist die Hand, die das Brot reicht. Es gibt zahlreiche Stellen im Testament, an denen sie als Symbol erwähnt wird." Er lud Andrea Dieren ein, ihre Bilder in der Dorfkirche auszustellen. In Moers waren die Fotografien noch nie zu sehen. "Ich haben einen Teil der Arbeiten in Essen gezeigt."

Dass sie schwarz-weiß fotografieren würde, das stand für Dieren außer Frage. "Das war für mich selbstverständlich. Farbe lenkt zu sehr vom Inhalt ab", erklärt sie. Andrea Dieren fotografierte analog, im Mittelformat. "Ich habe mir bei jedem Bild genau überlegt, welche Aufnahme ich machen möchte." Und so ist jedes Foto komponiert, mit dem Licht, das zu diesem Zeitpunkt vorhanden war. Sie habe immer auch das komplette Negativ abgezogen, so dass die Bilder einen schwarzen Rahmen haben. Ihre Devise: "Wer in der Dunkelkammer den besten Ausschnitt des Bildes sucht, war nicht nah genug dran." Parallel führte die Künstlerin von 2007 bis 2009 ein Skizzenbuch. Und sie entwickelt ein kleines "Demory". Der Begriff ist von Memory abgeleitet, ein Kartenspiel, bei dem Kinder Paare finden müssen. Bei ihrem "Demory" gibt es lauter Bilder, aber keine Paare.

Ergänzt werden die Fotografien, die sich harmonisch ins Kirchenschiff einfügen, durch eine Objektinstallation, die versucht, das Unfassbare der Nicht-Kommunikation zu formulieren. Die Installation besteht aus einzelnen Erinnerungskästen, auf denen ebenfalls Bilder zu sehen sind. Dazu hat die Künstlerin Sätze gestellt. Sie lauten zum Beispiel: "Seine Worte sind Erinnerung an Sprache", oder "Suchen nach dem, was von ihm noch da ist". Zur Eröffnung der Ausstellung am heutigen Freitag, 25. September, 19 Uhr hat Dieren zwei Musiker eingeladen: Ralf Kaupenjohann (Akkordeon) ist vielen Moersern noch aus seiner Zeit am Schlosstheater in Erinnerung. Mit ihm kommt der Klarinettist Markus Emanuel Zaja.

"Sie werden gemeinsam Klangbilder im Kirchenraum, ein Raumerlebnis, erzeugen", verspricht Konrad Göke.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort