Moers Fotos aus dem Leben - ganz beiläufig

Moers · Das Museum Goch eröffnete am Wochenende die Ausstellung "mobile phone photography" mit Werken von Peter Loewy. Der Frankfurter hat 150 Handy-Fotos zusammengestellt, die "by the way" entstanden sind oder so wirken sollen.

Bis ins oberste Stockwerk des Museums Goch muss der Betrachter steigen, um auf lediglich drei Stellwänden die jüngste Ausstellung des Hauses kennenzulernen. Der Frankfurter Fotograf Peter Loewy, 1951 in Tel Aviv geboren, hat irgendwann einmal seine Profikamera zur Seite gelegt und angefangen, mit seiner Handy-Kamera zu "knipsen", wie wir es wohl alle mehr oder weniger häufig tun. Ob er damit Kunst schaffen oder nur etwas für sich ausprobieren wollte - egal. Entstanden ist eine Foto-Serie, die von Dr. Stephan Mann und Steffen Fischer so ungeordnet auf weißem Hintergrund platziert wurde, wie die Bilder auch auf der Speicherkarte des Handys festgehalten sind. Vermutlich waren es mehrere "mobiles", die der Fotograf im Laufe von zehn Jahren für sein Experiment genutzt hat. Wo immer er sich aufhielt, zog er mal schnell das Handy aus der Hosentasche und hielt fest, was ihm dafür geeignet schien. Ganz schnell, ohne lange Vorbereitung, ohne streng durchdachte Komposition. Was nicht heißt, dass man den geschulten Fotografenblick im Ergebnis nicht bemerken würde.

Unmittelbar und direkt lässt sich mit der digitalen Handykamera festhalten, was der Besitzer des Geräts gerade für relevant hält. Der Schnappschuss von den spielenden Kindern, die Sehenswürdigkeiten auf einer Reise, schöne Landschaften, "Selfies", vielleicht mit einem Promi an der Seite. Auch Motive, für die der Fotograf sonst seine Spiegelreflexkamera in Stellung bringt, zeigt die Ausstellung: Porträts, Stilleben, Architektur. "Heute ist jeder in der Lage, das Leben fotografisch festzuhalten", stellt Museumsleiter Dr. Stephan Mann fest. Ist das Handy mit allen seinen Funktionen, Applikationen und Spielmöglichkeiten Segen oder Fluch? Es dringt tief in unser Leben ein, beschäftigt längst Suchtexperten, bereitet Eltern, die sich um den Medienkonsum ihrer Kinder sorgen, schlaflose Nächte. Das Mobilphone mitsamt seiner verlockenden Möglichkeiten ist allgegenwärtig. Und damit ein klarer Fall für eine museale Auseinandersetzung mit dem Thema. Die Kunsthistorikerin Christiane Kuhlmann hat den Katalogtext verfasst und hat gemeinsam mit Stephan Mann bei der Eröffnung am Wochenende gesprochen.

Was unterscheidet das, was Peter Loewy da tut, von unsern eigenen Handy-Fotos? "Nichts", sagt Mann spontan und weiß, dass das so nicht ganz stimmt. Denn derjenige, der da durch die Kameralinse schaut, hat einen anderen Blick auf die Dinge als die meisten von uns. Die Summe der Motive, die sich dem Betrachter darbietet, hat allerdings durchaus Ähnlichkeit mit dem, was wir übrigen "Fotografen" in elektronischen Ordnern auf unseren Computern archivieren. Und irgendwann mit einem Knopfdruck wieder löschen, weil die Masse eigentlich wertvoller Momentaufnahmen unsere und die Aufnahmekapazität unserer Rechner zu überfordern beginnt.

"Bei der Anordnung auf den Stellwänden haben wir uns eine Cloud zum Vorbild genommen", sagt Steffen Fischer. So, wie Millionen im Internet hochgeladener Fotos irgendwo über den Wolken gespeichert sind, so verhält es sich auch mit den 150 von sicherlich tausenden Fotos seiner Handykamera, die Loewy für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hat. Die einzelnen Bilder sind übrigens nicht beschriftet, "Loewy nutzt die Handykamera wie das Skizzenbuch eines Malers", sagt Christiane Kuhlmann. Manches Motiv wird der Betrachter von eigenen Urlaubsreisen oder aus der Kunst wiedererkennen. Ausschnitte aus mehr oder wenige bekannten Gemälden sind darunter, Pariser Metro-Stationen, die Golden Gate Bridge. Aber auch Personen, die wir nicht kennen, Möbel, Nippes, chinesisches Porzellan, abfotografierte Plakate, Engel, künstliche Erdbeeren. Stillleben ganz klassisch mit Blumenbouquets und Obstschalen gehören auch dazu. Alle Bilder sind in Postkartengröße abgezogen, das gleiche Format hat der zur Ausstellung gestaltete Katalog. Interessant: Jeweils auf einer Buch-Seite wiedergegeben scheinen die einzelnen Fotos plötzlich eine Bedeutung zu haben, die wir in der Masse nicht erkennen. Näheres Hinschauen und Philosophieren lohnt. Die Ausstellung läuft bis zum 24. Januar 2016.

(RP)
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