Serie Grafschafter Museum Und Rheinische Post Präsentieren Die Schätze Im Schloss Für die Preußen war es ein langer Weg

Moers · Noch 1722 beklagte der preußische König, dass die Moerser keine rechten Preußen seien. Die Moerser Bürger taten sich mit der neuen Herrschaft schwer - sie wollten lieber holländisch bleiben. Davon erzählen auch Alltagsobjekte.

 Truhen der Grafschaft Moers sind sogenannte Frontstollentruhen. Sie zeigen vier Felder auf der Vorderseite - manchmal mit politischem Statement.

Truhen der Grafschaft Moers sind sogenannte Frontstollentruhen. Sie zeigen vier Felder auf der Vorderseite - manchmal mit politischem Statement.

Foto: Klaus Dieker

Moers Wehrhaft hebt der Löwe - das Wappentier der Oranier - sein Schwert, umrankt von Tulpen und Phantasieblumen. Beinahe 100 Jahre nach der Beendigung der oranischen Herrschaft in Moers huldigen Schnitzereien auf einer Moerser Truhe aus dem Jahr 1796 den längst vergangenen Herren.

Nach 100-jähriger oranischer Herrschaft war es den Moersern schwer gefallen, sich an neue Machtverhältnisse zu gewöhnen. Noch 1722 notierte der preußische König Friedrich Wilhelm I., dass die Moerser wie die Klever, "sehr gut holländisch" seien.

Die Moerser hatten besonders die "holländischen Freiheit" - die Handelsfreiheiten - zu schätzen gelernt. Bis sich die Preußen in Moers durchsetzen konnten, war es ein langer Weg: Unmittelbar nach Bekanntwerden des Todes Wilhelm III. von Oranien im März 1702 machte der preußische König Friedrich I. seine Ansprüche auf Moers geltend und entsandte seine Vertreter nach Moers.

Regierungsrat von Hymen nahm am 25. März 1702 die Grafschaft für den preußischen König in Besitz: Er ließ das preußische Wappen mit seinem schwarzem Adler an das Tor des Moerser Schlosses nageln und berührte die Türpfosten.

Doch die Moerser beeindruckten diese symbolischen Gesten wenig, sie wollten holländisch bleiben. Dabei beriefen sie sich auf das Testament Wilhelms III., der den unmündigen Johann Wilhelm Friso von Nassau-Dietz als seinen Universalerben eingesetzt hatte. Auch als dieser im Sommer 1711 plötzlich zu Tode kam, blieben die Moerser rebellisch und verweigerten noch im Dezember des gleichen Jahres dem preußischen König die Huldigung. Mit dem Läuten der Sturmglocken und einem Tumult beantworteten sie knapp ein Jahr später einen erneuten Versuch, sie zur Huldigung zu bewegen.

Da die Moerser mit friedlichen Mitteln offensichtlich nicht zu überzeugen waren, sollte es der "Alte Dessauer" richten: Fürst Leopold von Anhalt-Dessau marschierte in der Nacht auf den 8. November 1712 mit seinen Truppen nach Moers und überrumpelte die Wachen. Bei dem folgenden Schusswechsel wurde ein Bürger tödlich getroffen. Nun brach allmählich der Widerstand. Am 10. November leistete die Moerser Bürgerschaft auf dem Marktplatz dem preußischen König den Huldigungseid ab.

Auch wenn der Magistrat der Stadt gegenüber den vorgesetzten preußischen Behörden stets betonte, dass Moers "ein nährloses kleines Landstädtchen" mit äußerst unbedeutendem Handel sei, ging es Moers auch unter den Preußen meist nicht schlecht. So lebten die Menschen im Fürstentum Moers - zumindest zu Friedenszeiten - gut von Handel, Handwerk, Landwirtschaft und Viehzucht.

Immerhin hatte Friedrich I. zu Beginn des 18. Jahrhunderts erreicht, was die Oranier lange Zeit vergeblich versucht hatten: die Erhebung der Grafschaft Moers zum Fürstentum.

Das Grafschafter Museum zeigt im Schloss eine weitere Moerser Truhe, ebenfalls datiert Ende des 18. Jahrhunderts. Neben dem oranischen Löwen schwingt stolz der preußische Adler sein Zepter - allmählich sind die Preußen dann doch noch in Moers und der Moerser Alltagskultur angekommen.

(RP)
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