Moers/Rheinberg/Haldern Gospel im Tonstudio - damit etwas bleibt

Moers/Rheinberg/Haldern · Der Heartchor aus Moers und Rheinberg hat bei Klaus-Dieter Keusgen in Rees-Haldern acht Songs aus seinem Repertoire aufgenommen. Die erste CD soll bald erscheinen. Die RP hat bei der Arbeit zugehört und zugeschaut.

 Das Lächeln in den Gesichtern der Sänger und Sängerinnen ist das Markenzeichen des Heartchors. Bei aller guten Laune arbeitet der Gospelchor im Tonstudio Keusgen jedoch hochkonzentriert.

Das Lächeln in den Gesichtern der Sänger und Sängerinnen ist das Markenzeichen des Heartchors. Bei aller guten Laune arbeitet der Gospelchor im Tonstudio Keusgen jedoch hochkonzentriert.

Foto: Uwe Plien

Die Atmosphäre ist gelöst, gleichzeitig aber hochkonzentriert. Während Klaus-Dieter Keusgen - man nennt ihn KD - wie der Fels in der Brandung hinter seinem gigantischen Mischpult sitzt und noch ein wenig nachregelt, bereiten sich knapp 30 Sänger und Sängerinnen auf ihren Einsatz vor. Mit Kopfhörern auf den Ohren und vor den genau justierten Mikrofonen postiert. Sie stehen im geräumigen, professionell gedämpften Aufnahmeraum nebenan. KD hat nur Sichtkontakt mit ihnen - durch eine große Glasscheibe. Will er dem Chor etwas mitteilen, spricht er mit ruhiger Stimme ins fest installierte Mikrofon.

 Wer das Tonstudio betritt, erfährt: Heute ist Heartchor-Tag.

Wer das Tonstudio betritt, erfährt: Heute ist Heartchor-Tag.

Foto: Uwe Plien

Der Heartchor ist im Tonstudio Keusgen. In Rees-Haldern, auf dem platten Land. Land der Gegensätze, könnte man sagen: Draußen Natur pur, Kühe auf der Weide und gute Landluft, innen drin Hightech, Elektronik, lange Batterien von Reglern, Effektgeräte. Die Heartchor-Sänger - größtenteils kommen sie aus Moers und Rheinberg - wollen einen Teil ihres Repertoires dokumentieren, wollen eine CD produzieren. Damit die Fans und natürlich auch sie selbst die Ergebnisse ihrer Arbeit später auch zu Hause hören und genießen können.

 Man nennt ihn "Ganzkörperdirigent": Leiter Tom Bissels.

Man nennt ihn "Ganzkörperdirigent": Leiter Tom Bissels.

Foto: Uwe Plien

Den Heartchor gibt es jetzt im vierten Jahr. Die auch sozial engagierte Gruppe ging damals aus dem Benefizprojekt "Gospel gegen Gewalt" hervor. Damals sangen Freunde und Weggefährten für den Musiker Dieter Kahlen aus Neukirchen-Vluyn, der 2012 ermordet wurde. KD wird nicht müde, mit Freude und Wehmut davon zu erzählen, wie wichtig Dieter Kahlen für den Aufbau seines Studios war. Auch deswegen ist das Tonstudio Keusgen für viele aus dem Heartchor ein besonderer Ort.

 Zwischenbilanz: Klaus-Dieter Keusgen (li.) und Tom Bissels hören sich die Aufnahmen immer wieder an und entscheiden, ob sie gut genug sind.

Zwischenbilanz: Klaus-Dieter Keusgen (li.) und Tom Bissels hören sich die Aufnahmen immer wieder an und entscheiden, ob sie gut genug sind.

Foto: Uwe Plien

Der Heartchor sang von Anfang an unter Tom Bissels Leitung, hat zahlreiche Konzerte am Niederrhein gegeben und hat sich einen guten Ruf ersungen. Der Heartchor ist mehr als ein Gospelchor. Es stecken auch Rock, Pop, Soul, Funk und ganz viel Herzblut mit drin. Die Sänger und Sängerinnen schaffen es immer, ihr Publikum mitzureißen, ihre Begeisterung steckt an. Die Liebe zur Musik, die Hingabe, die Leidenschaft, die gute Atmosphäre im Chor bleiben niemandem verborgen.

 Herr der Knöpfe: Klaus-Dieter "KD" Keusgen betreut den Chor, der in seinem Studio aufnimmt. Der Mann hat 35 Jahre Erfahrung auf dem Buckel. Die Ruhe, mit der er arbeitet, überträgt sich schnell auf die Musiker.

Herr der Knöpfe: Klaus-Dieter "KD" Keusgen betreut den Chor, der in seinem Studio aufnimmt. Der Mann hat 35 Jahre Erfahrung auf dem Buckel. Die Ruhe, mit der er arbeitet, überträgt sich schnell auf die Musiker.

Foto: Uwe Plien

So ganz nebenbei hat der Heartchor zwei Markenzeichen: eine hervorragende Band und ein paar Top-Solosänger. Angelika Krell ist eine dieser Sängerinnen. Mit ihrer unter die Haut gehenden, warmen Stimme intoniert die Neukirchen-Vluynerin "Cry your last tear". Ein gefühlvoller, rhythmisch anspruchsvoller Gospelsong von Bishop Paul S. Morton, einem Superstar der US-amerikanischen Gospel-Szene.

"I don't know what he's gonna do": Angelika Krell hat ihren Solo-Part bereits eingesungen. Brillant wie immer. Klaus-Dieter Keusgen mischt dem Chor nun ihre Stimme zusammen mit dem musikalischen Grundgerüst - Bass, E-Gitarre, Schlagzeug und Keyboards - in die Kopfhörermuscheln.

Dann kann es losgehen. KD gibt das unmissverständliche Kommando: "Läuft!" Tom Bissels, ganz dicht bei den Sängern, hebt den Arm und signalisiert: Alles achtet auf meinen Einsatz. Die Sänger legen los. Sind gut vorbereitet, haben viel geprobt. Manche singen mit geschlossenen Augen, andere wirken ein wenig nervös, aber alle sind gleichermaßen darauf bedacht, die Aufnahme schnell in den Kasten zu kriegen. Denn Tom Bissels hat ein strammes Programm vorgegeben: "Wir wollen an zwei Tagen acht Nummern einsingen", sagt der Moerser. Dass er von Beruf Lehrer ist, bekommt der Chor manchmal zu spüren.

"Ganzkörperdirigent" hat ihn eine Journalistin in einem Zeitungsbericht mal genannt. Weil er bei Auftritten vor seinem Chor zappelt, springt, hüpft und wedelt wie ein Weltmeister. Ein Vollblutchorleiter eben. In Keusgens Tonstudio hält er das nicht anders als vor Publikum. Er hat die Meute im Griff. Alle hören auf ihn. Und er hört alles.

So bricht er den Take dann auch bald ab. "Das war schon ganz gut", bewertet er den ersten Versuch. "Aber die sechs ,Alrights' müssen wir noch mal machen. Am besten erst mal die Männer alleine."

Gesagt, getan. Diesmal läuft es besser. Als der Durchlauf beendet ist, legt Bissels den Kopfhörer ab, geht zügig nach nebenan und setzt sich im Regieraum in den Sessel neben KD. "Und, wie war's?", fragt er den Profi. "Bis auf eine ganz kleine Passage richtig gut", erwidert Keusgen, der sein Tonstudio seit rund 35 Jahren betreibt und dessen immense Erfahrung wie ein Ruhekissen wirkt. Aufnahmen im Tonstudio lügen nicht - das weiß an diesem Tag niemand besser als er - "da hört man jede noch so kleine Unsauberkeit", wirft Keusgen ein.

Von morgens zehn bis spät abends, und das an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, stehen die Heartchörer an den Mikrofonen und singen einen Song nach dem anderen ein. In kleinen Pausen zieht es die ganze Truppe zum Büffet in der Studioküche. Das ist eine liebgewonnene Spezialität der Singgemeinschaft, die inzwischen sogar von anderen Chören übernommen wurde: Bei nahezu jedem Zusammentreffen wird der Tisch reich gedeckt. Jeder bringt etwas zu futtern und zu trinken mit. Wer gut isst, der singt auch gut, so lautet die Überzeugung des Chors.

Gestärkt geht es weiter. Noch eine Aufnahme, bevor KDs Mutmacher Wirkung zeigt: "Bei der Stelle ,in the morning' stimmen jetzt alle Töne. Jetzt muss nur noch etwas Glanz oben drauf, ein kleines Lächeln. Dann habt ihr's." Nur wenig später ist es soweit: "Cry your last tear", ist fertig, das Gospel-Monument ist verewigt, die Sänger beklatschen sich selbst. Der nächste Song, bitte.

Die Heartchor-Band hatte die acht Titel schon vorher eingespielt. Auch Günter Schulze (Keyboards) Uli Hoever (Gitarre), Carsten Bolk (Bass) und Volker Janacek (Schlagzeug) haben ganze Arbeit geliefert. Sie sind allesamt gute, erfahrene Musiker. Als Gast legte Hans Lammert, der bekannte und routinierte Moerser Keyboarder, noch ein paar feine Extras und musikalische Bonbons oben drauf.

Nun müssen die Aufnahmen noch abgemischt und danach gemastert werden, was richtig viel Arbeit bedeutet - dann kann die eigentliche Produktion der CD beginnen. Bis das Erstlingswerk des Heartchors veröffentlicht wird, dauert es noch etwas. Aber so viel sei schon verraten: Es wird eine gute Platte. Mit tollen Songs und starken Stimmen, denen es an Glanz nicht fehlen wird. Und auch nicht an einem Lächeln, an dem gewissen Etwas. Schließlich heißt dieser Chor nicht ohne Grund "Heartchor". Hier ist Singen noch Herzenssache.

(up)
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