Moers "Haus Rösgen war unser Cavern Club"

Moers · Beim SCI trafen sich jetzt im Rahmen der "Moerser Stadtgespräche" einige der überlebenden Grafschafter Legenden der Vergangenheit. Für das nächste Jahr ist ein großes Revival-Festival der rüstigen Rentner geplant.

Das an die Wand geworfene Farbbild im Veranstaltungssaal des Moerser SCI wirkt wie eine Ikone aus den 60er Jahren. Auf dem Bild ist ein junger Mann am Schlagzeug in heimischer Umgebung zusehen. Offenbar ist das Bild für die teure Farbaufnahme sorgfältig inszeniert: In der Zimmerecke sieht man außer dem jungen Mann gerade noch ein Röhrenradio, das gerahmte Foto eines Chevrolet Corvette, ein modisches Mini-Bücherregal in V-Form und eine an die Wand getackerte Plattenhülle der "Shadows". "Das bin ich mit meinem ersten Schlagzeug", sagt ein grauhaariger älterer Herr. Es ist Burkhard Schäfer (68), pensionierter Englischlehrer am Gymnasium Rheinkamp und Gründungsmitglied der "Shamrocks", der an diesem Abend im Rahmen der SCI-Stadtgespräche in die Geschichte der Moerser Rockmusik einführt.

Deren frühes legendäres Zentrum war, Jahre vor Gründung der "Röhre", der Saal im "Haus Rösgen", dem heutigen "Il Mulino". Damals traf sich hier alles, was in der lokalen Rockszene Rang und Namen hatte, vorausgesetzt, die vom Jugendschutzgesetz vorgeschriebene Altersgrenze wurde nicht unterschritten. "Das Haus Rösgen", erklärt ein Besucher, "war der Cavern Club des Niederrhein."

Nur dass hier eben nicht die Beatles auftraten, sondern die "Savages", eine der ersten Combos, die "Beat" spielten, wie es damals in lustigen Presseveröffentlichungen hieß. Die "Savages" hatten sich jedoch nicht die Beatles, sondern die "Shadows" zu ihren Helden erkoren. Schäfers "Shamrocks" wiederum bewunderten als Rock-Anfänger die "Savages" und beide Bands hatten ihre Fans bei noch jüngerem Publikum: "Wenn die Savages im Haus Rösgen spielten, saßen wir draußen auf den Mülltonnen und hörten zu", erinnert sich Siegfried Kolassa, der später eine Revival-Band namens "Livin' Sixties" sowie das Musikhaus Kolassa im Wallzentrum gründen sollte.

Doch als Bernd Schäfer zum ersten Mal in seinem Leben zu den Trommelstöcken griff, gab es in Moers außer besagten "Savages" kaum musikalische Konkurrenz. Auch die Zahl der Auftrittsmöglichkeiten war begrenzt. Zum ersten Mal stand Schäfer in Dublin auf der Bühne. Der 18-Jährige machte dort Urlaub und hatte erst drei Wochen vorher mit dem Schlagzeugspielen angefangen. "Bei einem Konzert in der Universität war der Band der Schlagzeuger ausgefallen, und die fragten, ob jemand im Publikum Schlagzeug spielen könne; da habe ich mich einfach gemeldet."

Auch als die Shamrocks den ersten großen Auftritt beim Abschluss ball der Tanzschule Helfer hatten, saßen noch längst nicht alle Songs. Doch der Erfolg beim Auftritt führte dazu, dass die Jungs fortan in Anzug und mit Fliege nachmittag bei Helfer in der Tanzschule aufspielen durften. In der Folge räumte die Band mehrere Preise bei lokalen und überregionalen Beat-Wettbewerben ab. Zu den Förderern der Jungs gehörte der Schulleiter des Adolfinums "Padder" Marx, der den Jungs einen Auftritt in seiner Aula vor rund 1000 Zuschauern ermöglichte. In jeder Hinsicht zukunftsweisend war dann das erste Rock-Konzert im Schlosshof. Burkhard Hennen, ebenfalls Absolvent des Adolfinums, kam so später auf die Idee, im Schlosshof ein Jazz-Festival zu veranstalten.

Im nächsten Jahr will Peter Bongers, der den Abend moderierte, die Rock-Kämpen von damals zu einem gemeinsamen Auftritt noch einmal auf die Bühne bringen.

(RP)
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