Moers Holderberger Herbert Klaus (100) zurück auf "seiner" Gorch Fock

Moers · Sein Enkel und die Bundestagsabgeordnete Kerstin Radomski schenkten ihm den Besuch.

Am 8. Juni 2015 geht für den Holderberger Herbert Klaus ein Traum in Erfüllung. Wenige Wochen nach Vollendung seines hundertsten Geburtstags betritt er noch einmal die Planken der Gorch Fock. Auf eben jenem Schulschiff hatte er 80 Jahre zuvor seine Ausbildung zum Unteroffizier gemacht.

"Es war ein bewegender Augenblick", sagt der alte Mann. Trotz seines hohen Alters sind seine Worte klar, die Formulierungen präzise. Sein Holderberger Wohnzimmer verrät den ehemaligen Seemann. Klaus hat unter einer Federzeichnung der Gorch Fock Platz genommen. Links neben ihm sitzt sein Enkel Jörg Bruckhaus unter einem Ölgemälde der Scharnhorst, jenes Schlachtschiffs, das 1943 versenkt wurde und 1932 Seeleute mit in den Tod nahm. Eigentlich hätte Klaus auch an Bord des Panzerschiffs sein sollen. Doch er überlebte, weil er zur Zeit des Untergangs eine Ausbildung zum Oberbootsmaat machte.

Neuneinhalb Jahre lang fuhr Klaus als Angehöriger der Kriegsmarine zur See. "Aber die Gorch Fock war etwas ganz Besonderes", sagt der Holderberger. Dort war er vom 27. November 1935 bis zum 30. Januar 1936 Als Stabsmatrose zur Unteroffiziersausbildung stationiert.

Er muss seiner Familie wohl oft von jener Zeit erzählt haben, denn die Lebensgefährtin seines Enkels Jörg Bruckhaus fragte ihn vor einem Jahr, ob er nicht Lust habe, noch einmal an Bord seines altes Schulschiffs zu gehen. ",Aber nur wenn ich alles sehen darf', habe ich gesagt", berichtet Klaus. Vor 20 Jahren hatte er schon einmal an einer Gruppenbesichtigung der Gorch Fock teilgenommen, durfte damals aber nicht unter Deck.

Jetzt aber sorgten die guten Kontakte der Bundestagsabgeordneten Kerstin Radomski dafür, dass Klaus empfangen wurde wie ein Ehrengast. Sein Enkel hatte die Politikerin angeschrieben. Die wiederum wandte sich an das Verteidigungsministerium. "Der 100. Geburtstag ist ein so besonderer Anlass einen langgehegten Wunsch zu erfüllen, deshalb habe ich mich gerne um dieses etwas ungewöhnlich Anliegen gekümmert," sagt Radomski.

Und dieses Mal war es Kapitän zur See Nils Brandt, dem aktuellen Kommandanten der Gorch Fock, eine besondere Ehre den ältesten Ex-Matrosen der Gorch Fock durch das ganze Schiff zu führen. "Dabei bekam ich auch die Kapitänskajüte zu sehen. Früher durften wir ja nur davor stehen und Wache halten", berichtet der Besucher. Mit Staunen hörten die Offiziere auch die Berichte des Moersers von seiner Ausbildung: "Ohne Sicherung mussten wir beim Freientern innerhalb von einer Minute backbord in die Takelage bis ganz nach oben klettern und steuerbord wieder herunter. Das schaffe heute keiner mehr, hat mir einer der Offiziere erzählt."

Inzwischen müssen sich die Matrosen nicht mehr in Kübeln vor dem Schiff waschen; an Bord gibt es Fernsehen, Computer und Klimatisierung. Doch trotz der Neuerungen hat der Großsegler für Klaus nichts von seiner Faszination verloren.

Der Wilhelmshavener kam 1954 nach Moers und trat hier eine Stelle bei der Post an. Obwohl seine Frau gerne wieder an die Küste zurückgekehrt wäre, blieb die Familie auch, als Klaus 1979 pensioniert wurde. Er sagt: "Ich fühle mich hier wohl."

(RP)
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