Interview Rolf Lohmann Kirche hört nicht in der Sakristei auf

Moers · Niederrhein-Bischof Rolf Lohmann über seine neue Aufgabe, die Niederrheiner und seine Leidenschaft fürs Fahrradfahren.

 In dieser Woche ist Regionalbischof Rolf Lohmann von Kevelaer nach Xanten umgezogen.

In dieser Woche ist Regionalbischof Rolf Lohmann von Kevelaer nach Xanten umgezogen.

Foto: Armin Fischer

KREIS WESEL Im Juli ist Rolf Lohmann in Münster zum Bischof geweiht worden. Mitte September zieht er von Kevelaer nach Xanten. Was er dann vorhat und wie er seine Aufgabe als Weihbischof versteht, erzählt er im Interview.

Herr Weihbischof, herzlich Willkommen in Xanten. Was hat sich verändert seit der Weihe und was kommt in den nächsten Wochen auf Sie zu?

Lohmann In Kevelaer ist derzeit Hauptwallfahrtszeit. Dort bin ich noch bis morgen im Amt. Im Augenblick gilt es, alle Aufgaben zu vereinen: Die des Pastors und Wallfahrtsrektors in Kevelaer, außerdem bin ich ja noch Dechant im Dekanat Goch und Weihbischof. Etwa drei Mal die Woche bin ich zuletzt nach Xanten gefahren, um Organisatorisches zu besprechen. Gestern wurde ich in Kevelaer verabschiedet, morgen fährt der Möbelwagen vor. Dann wird mein neues Zuhause im Bischofshaus am Kapitel sein, das ist ein wunderbares Anwesen.

Was gefällt Ihnen an Xanten?

Lohmann Xanten ist eine sehr geschichtsträchtige Stadt. Vom Büro aus gucke ich auf die Domtürme. Es ist einfach ein besonders schöner Ort. Ich kenne Xanten. Mit Propst Klaus Wittke habe ich studiert, und wir wurden zusammen zu Priestern geweiht. Erst gerade hatte ich eine schöne Begegnung hier. Ich bin nämlich fast abgeschleppt worden. Eine Politesse sagte, ich dürfe an einer bestimmten Stelle nicht parken, ohne dass ich einen Zettel auslege. Das habe ich natürlich gemacht, und als sie ging, sagte sie noch zu mir: "Der Heilige Viktor hat es gerichtet, dass ich Sie heute treffe."

Als Sie erfuhren, dass Sie Niederrhein-Bischof werden, wo sind Sie in Xanten als erstes hingegangen?

Lohmann In die Krypta zu der Grablege von Karl Leisner.

Bei Ihrem "Antrittsinterview" in Kevelaer haben wir Sie gefragt, wann Sie eigentlich der Ruf ereilt hat - wie es damals auch Ihrem Vorgänger schon ergangen war. "Ich habe eine schöne Aufgabe hier, und umziehen ist nicht so mein Ding", sagten Sie damals. Was hat sich seither geändert?

Lohmann (lacht) Also, ganz ehrlich, Umziehen gefällt mir immer noch nicht. Es ist ja so: Wenn Sie angerufen werden und Ihnen gesagt wird, der Heilige Vater habe Sie ernannt, dann müssen Sie erst mal schlucken. Ich gebe zu, es ist mir erst schwergefallen, das inhaltlich anzunehmen. Das hat ein bisschen gedauert. Ich war vor der offiziellen Verkündung mit Freunden ein paar Tage am Gardasee. Viele Gespräche und Nachdenken haben mir geholfen. Vor der Weihe war ich im Kloster Gerleve, dort hat mich Prior Pater Robert sehr unterstützt, und ich habe lange Spaziergänge durch das Münsterland unternommen.

Sie sind bekannt dafür, dass Ihnen das Gespräch und der enge Kontakt zu den Menschen wichtig sind. Können Sie das als Weihbischof beibehalten oder haben die Leute jetzt vielleicht mehr Berührungsängste?

Lohmann Das hoffe ich nicht. Für mich ist es ein großer Gewinn, in Kontakt mit den Leuten zu sein, möglichst im Alltag. Ich will hinhören, wie sie sich die Zukunft vorstellen, und versuche zu vermitteln, was ich für mein Leben als hilfreich und bestärkend erlebe.

Kennen Sie denn schon die Termine, die jetzt auf Sie zukommen?

Lohmann Die erste Firmung steht Mitte September in Duisburg-Schwarzenberg an. Es folgt eine Firmung in Hamminkeln. Aber ich plane auch Gespräche mit dem Xantener Bürgermeister und mit der evangelischen Kirche. Der ganze Bereich des Kreises Wesel und Duisburg sind auch wichtig, dort kenne ich mich noch nicht so gut aus. Es soll aber nicht nach dem Motto "Hoppla, hier komm ich" sein. Ich möchte zuerst gut zuhören, genau hingucken und lernen. Am Niederrhein leben 407.000 Katholiken, es gibt neun Dekanate. Ich hoffe, dass mir die Zeit des Lernens auch eingeräumt wird. Es gibt hier auch viele Orte, die ich noch nicht kannte. Zuletzt habe ich mit Freunden eine Fahrradtour zur Bislicher Insel unternommen - wunderschön.

Das heißt, man kann Sie durchaus radelnd am Niederrhein antreffen?

Lohmann Auf jeden Fall, ich bin nämlich sehr gern mit dem Fahrrad unterwegs.

Wie kann die Kirche wieder mehr Menschen ansprechen und was können Sie ganz persönlich dafür tun?

Lohmann Das religiöse Leben in Xanten reicht weit in die Vergangenheit zurück. Aber wir leben in der Wirklichkeit, im Jahr 2017. Nur etwa zehn Prozent der Katholiken kommen noch in die Gottesdienste. Da müssen wir zugeben, dass wir nur einen kleinen Prozentsatz erreichen. Das reicht nicht aus. Wir dürfen uns mit unserer Botschaft nicht in die Sakristei zurückziehen. Wenn Leute kommen und etwas suchen, sei es bei der Hochzeit oder der Taufe ihres Kindes, sei es im Gespräch oder auf der Suche nach Hilfe, dann ist das eine große Chance. Wir müssen den Menschen etwas anbieten, Einstiegsformen finden und uns auf Begegnungen einlassen.

Wie kann das gelingen?

Lohmann Ich habe auch kein Patentrezept. Aber wir haben einen Auftrag, neue Wege zu finden. Wichtig ist auch das Karitative der Kirche, zum Beispiel das Engagement für Flüchtlinge oder bei der Tafel. Das Gemeinsame zu finden, ist oft schwer in einer Zeit, in der viel Individualisierung stattfindet. Das Wort katholisch bedeutet "allumfassend, weltumfassend". Es geht im Glauben um Großherzigkeit und nicht darum, die Menschen einzuengen.

Viele sagen ja auch: Der liebe Gott ist immer nur so gut wie sein Bodenpersonal.

Lohmann Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen. Aber wir haben tolle Leute, die super eingebunden sind zum Beispiel in Kindergärten, Schulen oder Altenheimen. Und jeder, der getauft ist, könnte auch von seinen eigenen Erfahrungen berichten, so können wir uns untereinander mehr motivieren. Und als Christen dürfen wir nie Angst haben, auf das Fremde zuzugehen.

Sie haben nach Ihrer Weihe gesagt, der Niederrhein sei Ihnen als waschechter Westfale ein Zuhause geworden. Was ist an Ihnen eigentlich westfälisch und was niederrheinisch?

Lohmann Der Bürgermeister meiner Geburtsstadt Hamm hat damals auch gesagt: "Ein Hammer lässt sich nicht verbiegen", und das passt auch zu mir. Was mir so gefällt am Niederrheiner ist, dass das hier ein sehr geselliger Menschenschlag ist. Es gibt hier eine große Kultur des Feierns, sei es im Karneval oder bei der Kirmes.

JULIA LÖRCKS UND KATHARINA MEHLES FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(RP)
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