Moers Kriegsende - persönliche Erinnerungen

Moers · Wilhelm Plätz lebt mittlerweile in Kleve. Doch zum Ende des Zweiten Weltkriegs musste er noch in der sogenannten "Ardennenoffensive" kämpfen. Über den Krieg und die anschließende Gefangenschaft berichtete er in Moers.

 Willi Plätz, Hans-Hermann Pausen und Wingolf Scherer (v.l.) erinnerten an die Geschehnisse während des Krieges, aber auch an die Zeit danach. Das Publikum war beeindruckt und hörte den Ausführungen schweigend zu.

Willi Plätz, Hans-Hermann Pausen und Wingolf Scherer (v.l.) erinnerten an die Geschehnisse während des Krieges, aber auch an die Zeit danach. Das Publikum war beeindruckt und hörte den Ausführungen schweigend zu.

Foto: Klaus Dieker

7. Mai 1945: In den frühen Morgenstunden unterschreibt Generaloberst Alfred Ferdinand Jodl im Auftrag von Hitlers Nachfolger Großadmiral Karl Dönitz im französischen Reims die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Damit, so sollte man meinen, hatte der Zweite Weltkrieg endgültig sein Ende gefunden. Doch nicht so für Wilhelm Plätz.

Der 1924 in Duisburg geborene Bergmannssohn nahm als deutscher Soldat an der im Dezember 1944 begonnenen, sogenannten "Ardennenoffensive" teil und geriet dabei zunächst in amerikanische und später in französische Kriegsgefangenschaft. Damals hielt er seine Erlebnisse in den letzten Kriegstagen und auch seinen anschließenden Arbeitsdienst auf einem französischen Bauernhof in einem teilweise mit eigenen Zeichnungen ergänzten Tagebuch fest, das jetzt die Grundlage eines von dem Geschichtswissenschaftler Wingolf Scherer herausgegebenen Erinnerungsbuches mit dem Titel "Besinnung - Belebte Vergangenheit" wurde.

In Moers las Scherer auf Einladung der Stadtbibliothek im Hanns-Dieter-Hüsch-Haus aus diesem Buch, wobei er zum einen von dem inzwischen 90-jährigen, in Kleve lebenden Tagebuchschreiber, sowie von Hans-Hermann Paulsen, dem Sohn eines noch in den letzten Tagen der Ardennenoffensive gefallenen Soldaten unterstützt wurde.

"Was ist los? Warum werden nach den Schrecken der letzten beiden Weltkriege noch immer Kriege in der Welt geführt? Haben wir uns nicht genug erinnert?", hatte der stellvertretende Moerser Bürgermeister Hans-Gerd Hackstein die rund 40 an diesem Abend anwesenden Lesungsgäste begrüßt: "Ich denke, wir können gar nicht aufhören, uns zu erinnern, und ich hoffe, dass dieses Buch dazu beitragen wird."

Das tat es, und zwar zum einen sachlich durch die von Herausgeber Scherer vorgetragenen Daten und Fakten des damaligen Kriegsgeschehens, zum anderen aber auch menschlich überaus bewegend durch die sehr persönlichen, teils von ihm selbst vorgetragenen Tagebuchaufzeichnungen von Wilhelm Plätz. Seine gleich zu Beginn geschilderten Erinnerungen an die durch englische Bomben verursachte Überschwemmung des Bigge-Stausees, die spätere angstvolle Verzweiflung in den Ardenner Schützenstellungen und die bisweilen menschenverachtende Zwangsarbeit während der französischen Kriegsgefangenschaft, ließen die Zuhörer zeitweite ganz still werden.

Nicht minder bewegend war anschließend auch der zweite Teil der Veranstaltung, in dem Hans-Hermann Paulsen aus den Briefen seines Vaters las, die der in letzten Phase des Krieges fast täglich an seine damals schwangere Frau daheim geschrieben hatte. "Denk immer an uns und unser Kindchen!", stand da in einem.

Und in einem anderen: "Ich komme hier schon heile durch. Wir haben doch noch so viel vor." Ein Traum, der sich für den zu diesem Zeitpunkt erst 24-jährigen Ruhrorter leider nicht erfüllte. Hans Hermann-Paulsens Vater starb fast schon am Ende des Krieges, am 15. Januar 1945, bei einem Granatenangriff nordöstlich von Rocherath in Belgien.

(lang)
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