Sabine Heinrich "Leser denken ihre eigene Geschichte"

Moers · Bei der "Langen Nacht der Bibliotheken" liest die Moderatorin und Autorin in Moers aus ihrem Debüt-Roman.

Von der Moderatorin zur Schriftstellerin - wie schwierig ist es, die Rolle zu wechseln?

Heinrich Ich komme ursprünglich von der Zeitung, schreiben finde ich also nicht schwierig. Dabei kann ich einfach abtauchen, fange morgens an und merke plötzlich, dass es draußen schon wieder dunkel geworden ist. Wobei das auch schwierig ist, wenn ich plötzlich merke, dass die Figuren sich ganz anders entwickeln und ich manchmal dann auch mit der Entwicklung nicht einverstanden bin.

Sie stellen am Freitag in Moers Ihr Erstlingswerk vor. Welche Figuren begegnen den Lesern in "Sehnsucht ist ein Notfall?"

Heinrich Es geht um zwei Frauen: Eva ist Anfang 30 und in einer Beziehung, die man als "Okay auf einem hohen Niveau" bezeichnen könnte. Ihre Oma ist 79 und teilt ihr plötzlich mit, dass sie ich von ihrem Mann getrennt hat. Dadurch macht sich auch Eva Gedanken über ihre Beziehung.

Klingt nach einem "Frauenroman"...

Heinrich Was ist damit gemeint? Dass er nur für Frauen interessant ist?

Nein, aber dass er vor allen Dingen die Lebenswelt von zwei Frauen mit vielen Gefühlen widerspiegelt, während Männer eher eine Nebenrolle spielen.

Heinrich Und Männer wollen nicht über Gefühle lesen, sondern sind montags mit den Sportberichten in der Zeitung zufrieden? Ich würde auch jedem Mann empfehlen, mein Buch zu lesen. Es geht dabei auch um die Frage, was Liebe eigentlich heißt. Und man begegnet zwei Männern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Viele Männer, mit denen ich über mein Buch gesprochen habe, fanden die Entwicklung sehr spannend und überlegen, für wen sich die Heldin warum entscheidet.

Wie wichtig ist Ihnen der Kontakt zu den Lesern?

Heinrich Das ist das Schönste. Ich bin ja keine gelernte Schriftstellerin, sondern Journalistin, da hatte ich auch Selbstzweifel beim Schreiben. Wenn das Buch dann gedruckt ist, dann gibt man es aus der Hand, die Leser denken ihre eigene Geschichte. Darüber diskutiere ich dann auch bei den Lesungen.

Sie werden also nicht einfach nur ein paar Kapitel vorlesen?

Heinrich Nein, eine Lesung muss über das Buch hinausgehen, das ist der Anspruch, den ich selber habe. Für die Lesungen habe ich zwei Filme gedreht, von denen einer wirklich exklusiv den Besuchern des Abends vorbehalten bleibt. Der ist nirgendwo sonst zu sehen. Außerdem werde ich auch etwas über die Entstehungsgeschichte erzählen mit autobiografischen Elementen am Anfang. Denn meine Oma hat sich tatsächlich mit 79 Jahren von ihrem Mann getrennt. Allerdings hat die Figur in dem Roman sonst nichts mit meiner Oma gemeinsam.

Wer sich so mit Lesern auseinandersetzt bekommt sicherlich auch mal Kritik zu hören. Wie gehen Sie mit negativen Reaktionen um?

Heinrich Als Moderatorin habe ich schon so viel Kritik wegen komischer Sachen bekommen. Schlechte Kritik wiegt meistens schwerer als gute, aber ich kann das einordnen. Bewertungen auf Amazon zum Beispiel lese ich nicht, ich will nicht das Gefühl haben, dass ich mich nur um mich selber drehe.

CHRISTIAN BREUER STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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