Moers Mit einem atomaren Aktienpaket auf Achse

Moers · Mit einer mobilen Installation, die an einen Atommülltransport erinnert, zieht der Künstler Pit Bohne immer wieder die Blicke auf sich.

 Pit Bohne ist Künstler und kritischer Geist. Mit dem "Aktienpaket" auf der Lkw-Ladefläche weist er auf die Gefahren der Atomkraft hin. Die "Stille Demo" (dahinter) soll demnächst für "Love and Peace" werben.

Pit Bohne ist Künstler und kritischer Geist. Mit dem "Aktienpaket" auf der Lkw-Ladefläche weist er auf die Gefahren der Atomkraft hin. Die "Stille Demo" (dahinter) soll demnächst für "Love and Peace" werben.

Foto: Klaus Dieker

Das "Aktienpaket" fällt unter die Kategorie Kunst, die aufrüttelt und verstört. Die Installation, eine der neuesten Arbeiten von Pit Bohne, besteht aus sechs gelben, zu einer Pyramide aufgeschichteten Metallfässern. Der Künstler hat auf die Fässer das internationale Zeichen für Radioaktivität gemalt, sie auf eine Palette gesetzt und das Ganze auf der Ladefläche eines Lastwagens befestigt.

Wenn er "gut drauf" sei, fahre er mit dem Kunstwerk durch die Gegend und parke es dann irgendwo, sagt Bohne. Es komme vor, dass Leute angesichts der an einen Atommülltransport erinnernden Installation nervös werden. Als er die Kunst auf Rädern im Duisburger Innenhafen abgestellt hatte, bekam Bohne einen Anruf, in dem ihm von einem "unguten Gefühl" in der Nachbarschaft berichtet wurde. Und einmal habe ihn ein Autofahrer verfolgt, der sich bei einem Halt als Mitarbeiter eines Gesundheitsamts vorstellte. "Ist da was drin?", fragte der Mann besorgt. Er hätte allerdings von allein darauf kommen können, dass es sich um Kunst handelt. Schließlich prangt auf der Holzpalette unter den Fässern der metallene Schriftzug "Ein Aktienpaket", und auf der Tür des grünen Mercedes-Fünftonners, Baujahr 1983, steht "Pit Bohne - Art auf Abwegen".

Entstanden ist die Installation aus einem Gefühl der Wut und des Entsetzens heraus. "In den Nachrichten wurde berichtet, dass eine norddeutsche Firma, die Plutonium aufbereitet, an die Börse wollte", erzählt Bohne. "Nur der Profit zählt, egal womit er gemacht wird, ob mit Getreidespekulationen, Menschenhandel oder mit Atommüll." Zu viel werde heutzutage ignoriert, findet der Künstler. "Und reagiert wird erst dann, wenn etwas passiert ist."

Bohne will nicht warten bis etwas passiert. Er übt Zeitkritik, auf seine eigene, ehrliche Art. Nicht mit Worten, sondern mit Kunst.

Zwar liegt die große Zeit der Anti-Atomkraft-Demos einige Jahre zurück. Dass das Thema nach wie vor aktuell ist, zeigt aber der Protest in der Region Aachen gegen das von vielen als unsicher eingeschätzte Kernkraftwerk im belgischen Tihange. "Ich müsste mal nach Aachen fahren und die Sache aufpuschen", sagt der 60-Jährige, aber dafür fehle ihm die Zeit. Doch wenn jemand zu ihm käme, und nach dem "Aktienpaket" fragen würde, um einen Protest zu unterstützen, Bohne würde nicht nein sagen - "wenn ich von einer Sache überzeugt bin."

So hielt es Bohne schon mit einem anderen Kunstwerk, der "Stillen Demo". Seit 2010 stand die Gruppe aus einem Dutzend an Menschen erinnernden Metallsilhouetten an 15 Orten in der Region. In Dinslaken sei es um eine Museumsschließung gegangen, in Goch um eine Krankenhausschließung, in Rheinberg - nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima - um die Gefahren der Atomenergie. Derzeit steht die "Stille Demo" am Atelier Bohnes. Er hat die Figuren, die in den vergangenen Jahren von Leuten mit allerlei Beschriftungen versehen worden waren, gereinigt. "Ich möchte sie jetzt selbst in Szene setzen." Ein Konzept ist im Modell fertig: Die Figuren werden so mit großen Buchstaben-Fragmenten bemalt, dass aus der Entfernung der Schriftzug "Love and Peace" (Liebe und Frieden) erkennbar wird.

Einen guten Standort für die neugestaltete Gruppe hat Bohne schon im Sinn: "Am Kölner Dom." Dabei denkt er natürlich an die Silversternacht und die darauf folgenden Diskussionen. Ob er sich aufraffen kann, selbst in Köln vorstellig zu werden, ist aber offen. Die "Stille Demo" habe ihn gelehrt, dass Kunst nicht einfach irgendwo hingestellt werden kann. "Man müsste mit der Kirche, mit Ordnungsamt und Polizei sprechen." Einfacher wäre es, wenn jemand aus Köln bei Bohne nach der "Stillen Demo" fragte. Er würde wohl auch in diesem Fall nicht nein sagen.

Kontakt: pit@pit-bohne.de, 02841 769231, www.pit-bohne.de

(RP)
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