Moers Moers will Bebauungspläne lockern

Moers · Bürger sollen die Möglichkeit erhalten, in bestimmten Fällen von Vorschriften abzuweichen. Anlass ist ein aktueller Fall im Moerser Osten. Dort droht Hauseigentümern der Abriss illegal errichteter Terrassendächer und Zäune.

 An den Zäunen hat sich die Bauaufsicht ebenso gestört wie an Terrassenüberdachungen.

An den Zäunen hat sich die Bauaufsicht ebenso gestört wie an Terrassenüberdachungen.

Foto: pogo

Im Baugebiet Planetenviertel, im Osten von Moers, sind viele schöne Wohnhäuser mit ansprechenden Gärten entstanden. Etliche Eigentümer haben ihre Terrassen überdacht. Schicke Konstruktionen sind darunter, die viel Geld gekostet haben. Nun geht rund um den Universumplatz das Zittern um. Den Terrassenüberdachungen droht der Abriss. Das hat die Bauaufsicht in Aussicht gestellt, denn nach dem Bebauungsplan sind die Dächer zu groß, und damit verboten. Gleiches gilt für Zäune, die dem Bebauungsplan widersprechen.

Die betroffenen Planetenviertel-Bewohner wollen dies nicht hinnehmen. Sie haben bei der Stadt die Änderung des Bebauungsplans beantragt, rund 100 Unterschriften sind dem Antrag beigefügt. Und siehe da, im Ausschuss für Bürgeranträge wurden sie erhört: Trotz der Empfehlung der Stadtverwaltung, das Ansinnen der Bürger abzulehnen, delegierte der Ausschuss die Sache zur weiteren Beratung an die Kollegen im Ausschuss für Stadtentwicklung. "Wir wollen den Bebauungsplan im Sinne der Bürger liberalisieren", sagt Claus-Peter Küster (Grafschafter), Vorsitzender des Ausschusses für Bürgeranträge. Dasselbe solle nach und nach mit allen Bebauungsplänen in Moers geschehen, denn anderswo gebe es ähnliche Probleme. Der Vorgang ist bemerkenswert, denn erstens hat so etwas noch nicht gegeben, zweitens geht es im Kern darum, zugunsten von Bürgern geltendes Recht so hinzubiegen, dass Verstöße dagegen keine mehr sind.

Wie es zum Bau der illegalen Konstruktionen kam? Es gibt Anwohner, bei denen man wegen ihrer beruflichen Tätigkeit vermuten darf, dass sie sich bestens mit Bebauungsplänen auskennen. Bei anderen scheint eine Mischung aus Gutgläubigkeit und Herdentrieb vorgelegen zu haben. "Wir haben eine Kopie des Bebauungsplans bekommen, aber darauf waren nur Linien ohne erklärende Legende eingezeichnet", sagt eine Anwohnerin. Zudem seien ganze Gebäude außerhalb der vorgegebenen Grenzen entstanden, darunter eine Doppelhaushälfte. "Wir dachten, da kann es nicht schlimm sein, wenn wir unsere Terrasse überdachen." Küster spricht den Betroffenen "eine gewisse Logik" zu: "Ihre Terrassen sind 3,50 Meter tief, also bauen sie eine 3,50 Meter tiefe Überdachungen." Aufmerksam sei die Stadt geworden, weil einige Leute nachträglich versucht hätten, die Terrassendächer genehmigen zu lassen.

Auf Wunsch der Politik bekommt die Verwaltung nun zusätzliche Arbeit. "Sie hat den Auftrag, eine Formulierung zu finden, die das nicht generell verbietet und nicht generell erlaubt", sagt Küster. Recht und Ordnung müssten gewahrt, den Wünschen der Bürger solle entsprochen, der Willkür aber nicht Tür und Tor geöffnet werden. Und: Wo sich Nachbarn an einer Terrassenüberdachung stören, dürfe sie nicht erlaubt sein.

Es soll auch kein juristischer Präzedenzfall entstehen, auf den sich künftig Hinz und Kunz berufen kann. "Hier geht es nicht um Einzelwünsche, sondern um einen großen Teil der Bauherren", betont Küster. 100 Familien haben für die Änderung des Bebaungsplans unterschrieben. Das ist nicht wenig, die Stadt hat jedoch kritisch angemerkt, dass dies nur einem Viertel der dort lebenden Familien entspricht.

Inzwischen hat die Verwaltung ihre skeptische Haltung allerdings revidiert. "Der Wunsch der Politik ist nachvollziehbar und richtig", sagt Stadtsprecher Thorsten Schröder. Man wolle eine Lösung finden, die allen gerecht werde. Dies könne aber dauern, weil das Fachpersonal durch wichtige Bauvorhaben in Moers gebunden sei. Solange die Stadt prüft, brauchen die Leute im Planetenviertel um ihre Terrassendächer nicht zu fürchten. So mag sich die Stadt Zeit lassen und sei es bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag.

(RP)
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