Moers Moerser kritisieren "verkorkste Politik"

Moers · Die Grundsteuer B war gestern das große Thema im Ausschuss für Bürgeranträge. 77 Anträge auf eine Rücknahme der Erhöhung lagen vor. Der Bürgermeister warb um Verständnis für die Entscheidung.

 Die Besucherplätze im Ratssaal waren gestern gut besetzt. Hier ergreift der Moerser Alfred Meyer das Wort an Politik und Verwaltung.

Die Besucherplätze im Ratssaal waren gestern gut besetzt. Hier ergreift der Moerser Alfred Meyer das Wort an Politik und Verwaltung.

Foto: klaus Dieker

Der Moerser Haushalt 2015 ist längst beschlossen. Doch gestern gab es im Ausschuss für Bürgeranträge noch einmal eine ausgedehnte Haushaltsdiskussion. Den Ansatzpunkt dafür lieferte die (mit den Stimmen von SPD, Grafschaftern, Grünen und des Bürgermeisters beschlossene) Erhöhung der Grundsteuer B von 490 auf 740 Punkte. Sie kostet ausbesitzer mitunter mehrere Hundert Euro und belastet (über eine Umlage) auch Mieter. Über 70 Bürgeranträge auf eine Rücknahme der Steuererhöhung lagen vor. Viele Moerser machten in der Sitzung ihrem Unmut Luft.

Von einer "total verkorksten Politik" sprach ein Mann. "Es ist beschämend, wie sie als Fachmann den Bürgern ins Portemonnaie greifen" , richtete ein anderer das Wort an Kämmerer Wolfgang Thoenes. Von "Prachtbauten", die die Stadt sich leiste statt zu sparen, war die Rede. "Ich fühle mich in die Zeiten des Sonnenkönigs versetzt, der immer neue Steuern in die Welt gesetzt hat", meinte eine Frau. Ein Moerser rechnete den Politikern vor, dass er für die 180 Euro mehr, die ihn die Steueranhebung koste, seine beiden Kinder ein Jahr lang im Fußballverein anmelden könnte. Besonders bewegend war die Stellungnahme der 89-jährigen Marlene Althoff. 387 Euro Grundsteuer B müsse sie nun zahlen, 131 Euro mehr als bisher, dabei sei die die letzte Anhebung erst 2013 erfolgt. "Ein kleiner Rentner empfindet das als Eingriff in seine Lebensgrundlage!"

Kämmerer Thoenes skizzierte die Lage der Stadt, die einen finanziellen Mehrbedarf von 8,5 Millionen Euro über dem zulässigen Fehlbedarf von 7,4 Millionen Euro habe. Thoenes sprach von steigenden Kosten beim Personal, bei den Kindertagesstätten, in der Tagespflege, bei den Leistungen für Asylbewerber, bei der Schülerbeförderung. Vieles davon zähle zu den Pflichtaufgaben der Stadt. Gleichzeitig habe der Ansatz bei den Gewerbesteuern um 1,4 Millionen Euro gesenkt werden müssen. Und: Die Stadt erwarte 1,8 Millionen Euro weniger an Schlüsselzuweisungen vom Land. Die Anhebung der Grundsteuer werde kein "Automatismus" für die Verwaltung, sagte Thoenes. Eine interfraktionelle Arbeitsgruppe mache sich Gedanken darüber, wo Geld eingespart werden könne. Ganz auszuschließen seien weitere Steuererhöhungen in den nächsten Jahren aber nicht.

SPD-Fraktionschef Mark Rosendahl ging noch weiter. "Eine Senkung der Grundsteuer ist völlig illusorisch", sagte er unter Verweis auf die in den vergangenen Jahren gestiegenen Ausgaben der Stadt. Bürgermeister Christoph Fleischhauer unterstrich, dass die Steueranhebung "unter dem Druck der realen Verhältnisse" erfolgt sei. Er machte deutlich, dass es nicht reichen werde, hier und da ein paar Tausend Euro einzusparen. Die Stadt müsse, zum Beispiel durch den Ausbau der Wirtschaft, neue Einnahmequellen erschließen. Der Bürgermeister verglich die Stadt mit einem "auf hoher See schlingerndem Tanker". Bis dieser auf Kurs gebracht wird, könne es noch Jahre dauern.

(RP)
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