Serie "Verschwundene Orte" (1) Moerser sehnen sich nach dem Café Roos

Moers · Der erste Teil unserer neuen Serie beschäftigt sich mit der Geschichte einer Moerser Institution, die wiederbelebt werden soll.

 Das Café Roos während des Baus um 1950.

Das Café Roos während des Baus um 1950.

Foto: Privat

Als unsere Zeitung vor der Kommunalwahl die politischen Parteien bat, ihre Vorstellungen von der Zukunft der Stadt Moers aufzuschreiben, zeigte sich bei allen Unterschieden eine verblüffende Gemeinsamkeit: Alle Parteien setzen sich dafür ein, das Café Roos wiederzubeleben. Das hat überrascht. Immerhin haben selbst Mittfünfziger nur noch verschwommene Erinnerungen an das zum Schluss etwas heruntergekommen wirkende Café am Stadtweiher. Wenn Oma mit ihren Enkeln einkaufen ging, setzte man sich ins Café Voorgang, aber nicht ins Café Roos. Offiziell hieß es zur Begründung, da sei der Kuchen nicht so gut, aber tatsächlich war es der älteren Generation wohl einfach ein wenig zu rummelig. Warum aber Politiker wie Dino Maas (FDP) oder Mark Rosendahl (SPD), die noch kurze Hosen trugen, als das Roos 1971 abgerissen wurde, sich so für die Wiedererweckung der Moerser Gaststätte einsetzen, ist auf den ersten Blick rätselhaft.

Für Burkhard Hennen (68), den Gründer des Moerser Jazz-Festivals, war das Café Roos so etwas wie eine zweite Heimat. "Wir trafen uns da oft nach der Schule, manchmal auch während der Stunden", erinnert sich Hennen. "Das Roos war vor allem ein Treffpunkt der Geschlechter, ein regelrechter Heiratsmarkt, denn damals gab es in Moers nur ein reines Jungen- und ein Mädchengymnasium."

Serie "Verschwundene Orte" (1): Moerser sehnen sich nach dem Café Roos
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Allerdings hätten die Schüler sich eher vor dem Café und der dazu gehörenden Milchbar als drinnen aufgehalten, weil der Wirt das junge Publikum, so es sich daneben benahm, unmissverständlich zur Ordnung zu rufen pflegte. "Drinnen", erinnert sich Hennen, "saßen eher die Älteren und tranken ,Gedecke', am liebsten Pils mit Wacholder." Ein Enkel des Roos-Gründers Leo lebt immer noch in Moers. "Nach der Schule bin ich immer zu meinem Opa gegangen und habe dann auf der Terrasse meine Hausaufgaben gemacht", erinnert sich Klaus Roos. Bilder des alten Café Roos hängen immer noch in seiner Wohnung. Er besitzt auch noch ein Streichholzbriefchen mit der Werbeinschrift "Café Roos - im Brennpunkt des Verkehrs, im Herzen der Stadt." Das spielt darauf an, dass die Gaststätte am Königlichen Hof lag, wo die von Krefeld kommende Straßenbahnlinie 12 auf mehrere O-Bus-Linien traf. "Mein Großvater hatte den Pavillon 1947 gemeinsam mit Freunden selbst gebaut", berichtet Klaus Roos. Allerdings habe das Grundstück, auf dem der später mit einer Terrasse versehende Rundbau stand, der Stadt gehört. Dies sei auch der Grund gewesen, warum sein Großvater keine Entschädigung erhalten habe, als der Bau abgerissen wurde.

Eine Entscheidung, die der damals Zwölfjährige bis heute nicht nachvollziehen kann und die Architekt Jochem Bellinger (67), selbst häufiger Gast im Café, ebenfalls bedauert. "In Moers gab es damals parteipolitische Lobbygruppen, die eine Reihe von Fehlentscheidungen getroffen haben; der Abriss des Café Roos gehörte dazu." Leo Roos, der gelernter Koch und Konditor war, arbeitete nach dem Abriss des Cafés noch eine Weile in der Küche der DAB-Quelle, die seinem Sohn gehörte, ehe dort McDonald's entzog.

In gewisser Weise ist das verschwundene Café Roos wohl der Phantomschmerz, der die Moerser beständig an ihre Bausünden erinnert: den neuen Wall, die autobahnähnliche Tangente die Rheinkamper schnell zur damals noch neuen A 40 führen sollte, das klotzige Wallzentrum, das heute mit Leerstand kämpft, der Königsee, eines der größten Entenklos der Stadt und natürlich der Busbahnhof, der nun wieder weichen und einem neuen Café Roos Platz machen soll.

Das fordert nicht nur Bellinger, das steht auch schon im Masterplan für die Stadt Moers aus dem Jahr 2006. Nun soll die Idee wieder auf die politische Agenda gehoben werden. Die Enkel versuchen, die Sünden der Väter zu heilen. Klaus Roos, der als Zahnarzt in Moers arbeitet, ist das recht. "Ich würde mich freuen, wenn es wieder ein "Café Roos gäbe", sagt der 55-Jährige. "Allerdings finde ich es etwas merkwürdig, dass bislang noch niemand mit mir Kontakt aufgenommen hat." Das wird aber irgendwann geschehen müssen. Denn alleiniger Besitzer der Rechte an Namen und Schriftzug ist Klaus Roos. Ohne ihn wäre zwar ein Café möglich, aber sicher kein "Café Roos".

(RP)
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