Unsere Woche Moerser Verhältnisse in Kamp-Lintfort

Moers · Ungewohnte Konstellationen bei der Verabschiedung des kommunalen Haushalts: Während in Moers ungewohnte Eintracht herrscht, knirscht es in Kamp-Lintfort.

Der Kamp-Lintforter Bürgermeister Christoph Landscheidt galt am untern Niederrhein lange als Musterknabe unter den Bürgermeistern. Die Erfolge schienen ihm nur so zuzufliegen: Ansiedlung der Hochschule, Bau eines Einkaufszentrums, Umwandlung des Bergbaugeländes in einen Logport, Landesgartenschau 2020 und zuletzt die Zusage des VRR für einen Bahnanschluss.

Zudem überschlugen sich Wirtschaftsführer mit Lob für die effektiv gemanagte und schnell handelnde Verwaltung. Die Nachbarn konnten da nur neidisch zugucken.

Doch spätestens mit dem Haushaltsjahr 2017 wird der Lack des Landscheidtschen Ruhmes sichtbar stumpfer. Zunächst musste Kämmerer Martin Notthoff den Kamp-Lintfortern im September beibringen, dass der Haushalt ohne eine 60-prozentige Erhöhung der Grundsteuer B nicht zu retten sein dürfte, dann musste er in dieser Woche eingestehen, dass selbst dieses Opfer nicht reichen wird. Wenn der Rat den Haushalt am 6. Dezember verabschiedet, dann wird er auch über eine Erhöhung der Gewerbesteuer um 40 Punkte abstimmen müssen. Zwar steht die SPD-Mehrheit wie eine Eins, doch war die Ankündigung für die CDU eine Steilvorlage, den Bürgermeister in einer Plakatkampagne als Raffzahn darzustellen, der den Bürgern unverfroren in die Tasche greift. In früheren Jahren wäre eine solche Kampagne undenkbar gewesen, weil niemand in Kamp-Lintfort die Anschuldigungen ernst genommen hätte.

Das hat sich geändert.

Geändert hat sich auch die Stimmung im Moerser Rat, allerdings in eine ganz andere Richtung. Da gelang CDU-Fraktions-Chef Ingo Brohl ein von ihm selbst nicht für möglich gehaltener Verhandlungserfolg. Das Bündnis für Moers stimmte seinem Vorschlag zu, alle Positionen im kommenden Haushalt auf Einsparpotenzial zu durchleuchten. Der Preis dafür war niedrig: Die CDU willigte ein, 20.000 Euro für das "Moerser Signal" freizugeben. Schön wäre es, wenn der Kompromiss auch ein Zeichen für mehr wirtschaftliche Vernunft wäre. Doch da sind nach wie vor Zweifel angebracht. Das SPD-geführte Bündnis paukte trotz Warnungen der Verwaltung die kostspielige Eröffnung von fünf Bürger-Servicestellen in den Stadtteilen durch.

Offenbar sieht die Moerser CDU das Glas dennoch eher halb voll als halb leer: Sie stimmte erstmals seit Jahren nicht gegen den Haushalt. Das ist im Lintforter Rat eher nicht zu erwarten. Dort stehen die Zeichen auf Sturm.

Ein schönes Wochenende! juergen.stock@rheinische-post.de

(RP)
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