Moers Moerserin mit weit verzweigten Wurzeln

Moers · Die FDP-Ratsfrau Beret Roots hat als Kind in Kalifornien gelebt. In ihrer Familiengeschichte spielen aber auch England, Dänemark und Australien eine Rolle.

 Beret Roots im "Fiddlers" am Kastellplatz mit ihrem amerikanischen Pass und einem Abdruck der Präambel der US-Verfassung. "Meine amerikanische Staatsbürgerschaft ist Zufall", sagt die Moerserin.

Beret Roots im "Fiddlers" am Kastellplatz mit ihrem amerikanischen Pass und einem Abdruck der Präambel der US-Verfassung. "Meine amerikanische Staatsbürgerschaft ist Zufall", sagt die Moerserin.

Foto: klaus dieker

Heimat? Beret Roots beantwortet die Frage in englischer Sprache: "Home is where the heart is." Heimat ist da, wo das Herz ist. Ihr Herz sei in Moers, wo sie seit vielen Jahren lebt und viele Menschen kennt. "Das prägt einen." Aber auch Kalifornien werde stets ein Stück Heimat bleiben, die Universitätsstadt Berkeley, wo Beret Roots als Kind lebte und wo ihr Vater immer noch wohnt. Dass sie mit England und Dänemark ebenfalls mehr oder minder starke Gefühlsbande verbinden, liegt an ihrer bunten, internationalen Familiengeschichte, die sie, fragt man nach dieser, der Kompliziertheit wegen gerne abkürzt.

Die Kurzversion lautet so: Ihre Oma väterlicherseits war Dänin, die einen Briten heiratete und mit ihm in Australien lebte. Sie verließ ihren Mann, um mit dem gemeinsamen Sohn zunächst zurück nach England und dann in die USA zu gehen. Sie reiste kreuz und quer durch den Kontinent, um schließlich als promovierte Biophysikerin an der University of California in Berkeley zu stranden. Dort lernten sich Jahre danach die Eltern von Beret Roots kennen. Ihre spätere Mutter war als Au-pair eines deutschen Wissenschaftler-Paars in die Stadt gekommen. "Sechs Wochen später wurde geheiratet." Beret Roots kam 1985 zur Welt, sechseinhalb Jahre danach ging sie mit ihrer Mama nach Moers, wo diese früher gewohnt hatte.

"Meine amerikanische Staatsbürgerschaft ist Zufall", fasst Beret Roots zusammen, mit einem Zungenschlag, aus dem die Sonne Kaliforniens schimmert. Dass das in ihrem Deutsch zu hören ist, erstaunt sie etwas. "Wenn ich in den USA bin, dann sagen die Leute: "You have an European accent" (Sie haben einen europäischen Akzent). Aufgewachsen ist sie zweisprachig. "Meine Mutter hat immer deutsch mit mir gesprochen, obwohl ihr das als Entfremdung ihres Kindes ausgelegt wurde." Die Mutter nahm ihre Tochter auch auf Besuche zu Oma und Opa in die Alte Welt mit. "Deutschland, das war damals für mich Kinderbier und Leberwurst."

Beret Roots versucht, mindestens einmal jährlich in die Vereinigten Staaten zu reisen und ihren Vater zu besuchen. "Die beiden letzten Weihnachten war ich dort." Öfter habe sie darüber nachgedacht, auf Dauer nach Amerika zurückzugehen. In der elften Klasse (sie besuchte das Grafschafter Gymnasium) verbrachte sie ein Jahr auf einer US-High School. Diese sei hervorragend ausgestattet gewesen ("In Biologie stand uns ein Molekularbiologisches Labor zur Verfügung"), aber insgesamt sei sie vom amerikanischen Bildungssystem nicht überzeugt. "Es ist teuer und bietet schlechte Perspektiven."

Heute ist die freiberuflich tätige Diplom-Psychchologin froh, sich für Deutschland entschieden zu haben. "Wenn ich aus den USA komme, dann merke ich, wie deutsch ich bin." Sie möge die Offenheit der Amerikaner, die leider aber zugleich etwas Unehrliches habe. "Die Amerikaner sind so oberflächlich! Alle sind freundlich und nett und interessiert. Aber in die Tiefe gehen will niemand. Europäer sind Fremden gegenüber reservierter, aber wenn das Interesse erwacht, dann ist es echt." Und: "In den USA herrscht eine Art Zwang zur Fröhlichkeit. Wir dürfen auch mal mürrisch sein."

Ganz kann Beret Roots die Einflüsse ihrer Kindheit natürlich nicht verleugnen. "Meine ,political correctness' ist das Amerikanischste an mir", findet sie. Die progressive, offene Atmosphäre in Berkeley habe auf sie abgefärbt. "Es war fast verpönt, nicht mindestens Demokrat oder Grüner zu sein. Es gab ein Plastiktütenverbot, es herrschte eine gesellschaftliche Liberalität, die sich gegen jegliche Art von Diskriminierung richtete." Auch ihre Eltern haben ihr Toleranz vorgelebt. Bis heute falle es ihr schwer, über Witze auf Kosten von Frauen oder Homosexuellen zu lachen, auch wenn diese gar nicht so böse gemeint seien. Schon in jungen Jahren war sie Vegetarierin, inzwischen hat sie sich zur Veganerin weiterentwickelt. Und - selbstverständlich - war sie als Teenager Anhängerin der Grünen. "Bis ich mir die Ergebnisse ihrer Politik näher anschaute." Mit 17 entdeckte Beret Roots dann den hohen Wert der sozialen Marktwirtschaft und fand in Deutschland schließlich auch ihre politische Heimat: bei der FDP, die sie im Moerser Stadtrat vertritt.

(RP)
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