Aktbilder abgehängt Peinliche Provinzposse um Nackedeis im Weseler Kreishaus

Meinung | Moers · Bei der Affäre um zwei abgehängte Aktbilder im Kreishaus hat Landrat Ansgar Müller gerade noch die Kurve gekriegt. Obwohl - hat er das wirklich? Zwar dürfen die beiden Gemälde der Moerser Künstlerin Marianne Pütz wieder ausgestellt werden. Aber damit ist lange nicht alles gut. Als sie das Abhängen der strittigen Bilder verfügten, hatten Mitarbeiter der Kreisverwaltung offenbar nichts anderes gemacht, als irgendwelche "Richtlinien" anzuwenden, die für Ausstellungen im Kreishaus gelten. Und was macht Landrat Ansgar Müller? Erstmal lange Zeit gar nichts. Nach etlichen Tagen und Medienberichten fällt ihm dann plötzlich auf, welch künstlerischer Kleingeist in seinem Hause herrscht und greift durch - Motto: Ach, wenn man nicht alles selbst macht . . .

 Eines der betroffenen Bilder: "Der Froschkönig".

Eines der betroffenen Bilder: "Der Froschkönig".

Foto: Pütz

Bei der Affäre um zwei abgehängte Aktbilder im Kreishaus Wesel hat Landrat Ansgar Müller gerade noch die Kurve gekriegt. Obwohl - hat er das wirklich? Zwar dürfen die beiden Gemälde der Moerser Künstlerin Marianne Pütz wieder ausgestellt werden. Aber damit ist lange nicht alles gut.

Als sie das Abhängen der strittigen Bilder verfügten, hatten Mitarbeiter der Kreisverwaltung offenbar nichts anderes gemacht, als irgendwelche "Richtlinien" anzuwenden, die für Ausstellungen im Kreishaus gelten. Und was macht Landrat Ansgar Müller? Erstmal lange Zeit gar nichts. Nach etlichen Tagen und Medienberichten fällt ihm dann plötzlich auf, welch künstlerischer Kleingeist in seinem Hause herrscht und greift durch - Motto: Ach, wenn man nicht alles selbst macht...

Sehr überzeugend ist das nicht. Umso weniger, als der Landrat seinen Mitarbeitern (insbesondere der Gleichstellungsbeauftragten) den Schwarzen Peter zuschiebt und sie wie die Deppen dastehen lässt. Es hätte gereicht, hätte Müller etwas gesagt wie: "Wir haben einen Fehler gemacht und bügeln das aus." Er hätte sogar sagen können: "Tut mir Leid, man mag uns für provinziell und gestrig halten, aber das ist nun einmal unser Standpunkt zu Aktbildern" - um hinterher intern zu klären, was man künftig anders und besser machen kann. Aber nein, Müller wäscht sich selbst rein und haut seine Leute in die Pfanne. Das ist schlechter Stil.

Was mich bei der Nackedei-Posse am meisten ärgerte, war nicht einmal das Abhängen der Bilder als solches, sondern die haarsträubenden Begründungen dafür. Da war zum Beispiel von "Rücksicht auf die unterschiedlichsten Besucher und Besucherinnen" die Rede. Ich weiß nicht, wer das Kreishaus so besucht. Ich gehe aber davon aus, dass es erwachsene, mündige Menschen sind, die selbst entscheiden können, was sie als sexistisch und anstößig empfinden.

Ich möchte mir jedenfalls verbitten, mich durch andere vor jedweder Kunst zu "schützen", aus welchen Gründen auch immer. Ich möchte kritisieren, mich aufregen und ärgern dürfen. So ist Kunst nun einmal. Die Reihenfolge lautet: Erst schauen, dann diskutieren, vielleicht sogar protestieren, dann - unter Umständen - wieder entfernen. Will sich die Kreisverwaltung nicht darauf einlassen, sollte sie auf Ausstellungen vielleicht ganz verzichten. Das wäre für die Künstler im Kreis (und Menschen, die sich dafür halten) natürlich ein Schlag. "Man ist ja froh, überhaupt ausstellen zu können" war ein Satz, den wir im Zuge der Aktbild-Affäre so oder ähnlich öfter zu hören bekamen. Was von anderen Künstlern nicht zu vernehmen war, war Kritik am Gebaren der Kreisverwaltung. Kein Wort der Empörung, kein Funken der Solidarität mit der betroffenen Künstlerin. Lieber schweigen als etwas Falsches sagen. Wie traurig.

(RP)
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