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Moers Per Bahn nach Moers - eine Pendlerchronik

Moers · Unsere Mitarbeiterin Elena Erbrich ist drei Monate lang jeden Tag mit Zug und Bus von Neuss nach Moers gependelt. Sie hat ihre Chronik des ganz normalen Pendlerwahnsinns aufgeschrieben. Der Bericht endet tröstlich.

 Unsere Mitarbeiterin Elena Erbrich vor einem Zug der Nordwestbahn.

Unsere Mitarbeiterin Elena Erbrich vor einem Zug der Nordwestbahn.

Foto: kdi

Selten lief meine Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in den vergangenen drei Monaten problemfrei. Ich bin von einem zum anderen Zug gesprintet, stand auf nasskalten Bahnsteigen gefühlte Stunden herum, wartete im Regen auf den Bus und landete ungewollt in den entlegensten Ecken.

Drei Monate bin ich gependelt. Jeden Morgen von Neuss nach Moers und abends wieder zurück. Dabei habe ich wirklich jede Variante, von A nach B zu kommen, ausprobiert. Eine Variante ist Folgende: Erst mit dem Zug von Neuss nach Düsseldorf. Von dort nach Duisburg und dann mit dem Niederrheiner nach Moers. Hat dieser aber Verspätung oder fällt ganz aus, bleibt noch die Möglichkeit, mit dem Schnellbus (SB 30) nach Moers zu kommen. Eine andere Variante ist die Fahrt über Krefeld-Oppum und Rheinhausen. Bei Verspätungen dann statt über Rheinhausen über Krefeld-Uerdingen und von dort mit dem Schnellbus (SB 80) nach Moers. Mindestens zweimal musste ich immer umsteigen. Wer nun meint, 15 Minuten müssten dafür ausreichen, dem kann ich nach diesen drei Monaten Zugfahren sagen: Nein, nie und nimmer. Denn Züge verspäten sich ständig. Viele Male bin ich von einem Bahnsteig zum anderen gesprintet, um genau dann an der Tür meines Anschlusszuges anzugelangen, wenn dieser das Licht am Türöffner abstellt und losfährt.

Lothar Ebbers ist so etwas wie ein Pendelexperte, er ist Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn in NRW: "Zweimal umsteigen ist eher die Ausnahme. Das machen nur knapp zwei oder drei Prozent der Pendler", erklärt Ebbers. "In Deutschland haben Fernverkehrszüge Vorrang, die Regionalzüge müssen sehen, was noch übrig bleibt." In den Niederlanden sei das anders. Dort habe der Zug Vorrang, in dem die meisten Menschen sitzen. Nicht nur verspätete Fernzüge seien schuld daran, dass Regionalzüge unpünktlich sind. Immer wieder gibt es auch Stellwerksstörungen. "Die Technik ist nicht mehr aktuell und störungsanfällig. Da hat man jahrelang geschludert", sagt Ebbers. Die finanzielle Lage sei aber besser geworden, und so solle es in Zukunft viele Modernisierungen und auch bessere Verbindungen geben. Der Rhein-Münsterland-Express (RE 7) von Neuss nach Krefeld soll dann zum Beispiel nicht nur einmal, sondern zweimal stündlich fahren. "Das wird aber noch einige Jahre dauern. Dann erwartet uns ein Baustellenmarathon."

Viele Züge haben aber nicht nur ein Pünktlichkeitsproblem, sondern auch mit ihrer Ausstattung. Der Regionalexpress, egal welchen Unternehmens, tritt eine mehrstündige Fahrt zum Beispiel auch ohne eine funktionierende Toilette an Bord an. In die Eurobahn von Düsseldorf nach Hamm über Duisburg (RE 3) stieg neben mir unter anderem auch ein älteres Ehepaar ein. Der Mann musste auf die Toilette, doch keine im Zug war funktionstüchtig. Als der Zugbegleiter zu dem Ehepaar kam, um die Fahrkarten zu kontrollieren, machte der Mann diesen auf die Toiletten aufmerksam. "Wir haben schon Bescheid gegeben, dass die Toiletten kaputt sind", sagte der Zugbegleiter. Das brachte dem Mann in dem Moment nicht viel. Er fragte: "Haben Sie einen Eimer?" Der Zugbegleiter schüttelte den Kopf.

"Im vergangenen Jahr ist es mit den Toiletten an Bord problematisch gewesen", erklärt Danica Dorawa von dem Eisenbahnverkehrsunternehmen Keolis Deutschland, das die Eurobahn betreibt. "Besonders ungünstig ist es natürlich, wenn beide Toiletten defekt sind." Ein mobiles Team würde dann ausrücken und die defekten Toiletten an Bord reparieren. Manchmal reiche das aber nicht aus. Dann müssten die Toiletten außerhalb des Betriebes aufwendiger repariert werden. "Wir haben auf dieses Problem reagiert und eine neue Anlage besorgt, die es ermöglicht, die Rohrwände sauberer zu halten und die verhindert, dass dort Dinge anhaften", so Dorawa. Seit Ende 2016 sei diese neue Technik im Einsatz. Außerdem sei das Unternehmen im Gespräch mit dem Hersteller.

Das Problem mit den nicht funktionierenden Toiletten gibt es im Bus nicht. Da gibt es erst gar keine. Aber so rasant, wie einige Busfahrer, zum Beispiel der Linie SB 30 von Moers nach Duisburg fahren, ist das auch gut so. Wer sich nicht festhält, wenn der Busfahrer auf die Autobahn in Richtung Duisburg fährt, hat verloren. Dies sei bei Schnellbussen normal, erklärt der Leiter der Verkehrsplanung der Niag, Günter Schlüter. "Ich gebe zu, an der ein oder anderen Stelle ist es vielleicht kritisch. Aber es kommt sehr, sehr selten vor, dass etwas passiert."

Der Schnellbus ist fast nie pünktlich - manchmal ist er auch einfach zu früh. So sollte man also immer früh genug an der Haltestelle stehen. Dumm nur, wenn der Bus dann Verspätung hat und es regnet, denn an der Haltestelle am Moerser Rathaus, direkt neben dem Modegeschäft Braun, gibt es zwar Sitzplätze für Wartende, aber keine Überdachung. Neidische Blicke fliegen dann den Wartenden an der Haltestelle gegenüber zu. Die haben ein richtiges Haltestellenhäuschen. "Es ist nicht optimal, dass dort kein Haltestellenhäuschen ist, aber uns sind da die Hände gebunden. Das ist Sache der Stadt. Sie muss sich mit dem Besitzer des Grundstücks einigen", sagt Günter Schlüter. Nicht Sache der Stadt ist aber das frühzeitige Abfahren der Busse. Schlüter stellt klar: "Die Busfahrer wissen: Später dürfen wir, früher auf keinen Fall. Manchmal fahren sie trotzdem früher. Wenn sie zum Beispiel bald Dienstende haben." Der Busfahrer erhalte ein Warnsignal, das ihm mitteilt, dass er zu früh ist. "Manche schalten das aber auch aus", so Schlüter. "Mittlerweile können wir es aber dokumentieren, wenn der Fahrer zu früh losfährt. Die Busse sind nämlich mit GPS ausgestattet. Dann gibt es keine Ausrede mehr." Momentan sei die GPS-Technik in den Bussen noch in der Testphase. Mitte des Jahres soll diese aber abgeschlossen sein.

In Krefeld-Uerdingen gibt es ein Haltestellenhäuschen am Bahnhof und der Bus kommt auch selten zu früh. Von dort bin ich einige Male mit dem Schnellbus der Linie SB 80 zum Königlichen Hof nach Moers gefahren. Beim ersten Mal war ich etwas irritiert. An der Haltestelle gab es zwar einen Aushang, der ganz klar sagte, dass von dort der Schnellbus nach Moers führe. Die elektronische Anzeige hingegen zeigte jeden Bus an, nur nicht die Linie SB80. Den nächsten Busfahrer, der vorbeifuhr, sprach ich an. "Ja, der Schnellbus kommt", sagte der Fahrer. "Und warum wird er dann nicht angezeigt?", fragte ich ihn. "Weil der aus Moers kommt", lautete seine Antwort. Die Antwort klang für mich nicht logisch. Günter Schlüter hat eine genauere Antwort: "Die SWK Stadtwerke Krefeld sieht sich nicht in der Lage, unsere Fahrpläne in ihr System einzupflegen." In Duisburg ist das anders. Dort werden die Abfahrtszeiten angezeigt, jedoch nur die Sollfahrpläne und keine Echtzeitauskünfte. Ist der Bus noch nicht da gewesen, aber seine Abfahrtszeit schon in der Vergangenheit, so wird er nicht mehr angezeigt. "Das ist für den Kunden verwirrend. Informationen sind das A und O", erklärt Schlüter. "Wir sind dabei, auf Echtzeitauskünfte umzustellen." Ab Sommer oder Herbst gebe es auch Echtzeitauskünfte an der Haltestelle in Uerdingen.

Der absolute Höhepunkt meiner Zeit als Pendlerin: eine vierstündige Heimfahrt. Zunächst fuhr ich mit der Linie SB 80 vom Königlichen Hof zum Bahnhof nach Krefeld-Uerdingen. Von dort mit dem Zug zum Krefelder Hauptbahnhof und dann mit dem Rhein-Münsterland-Express (RE 7) nach Neuss. Der stand zwar schon am Gleis, fuhr aber nicht pünktlich los. Kurz vor Meerbusch-Osterath meinte der Zugführer dann, dass es in Neuss Probleme gebe und wir nicht weiterfahren können. Über diese vielen Informationen war ich schon sehr überrascht - oftmals bekommt der Fahrgast gar keine Auskünfte. Irgendwann ging die Fahrt dann weiter. Dann wieder ein Stopp. Und weiter. Wir erreichten nach einer Ewigkeit den Neusser Bahnhof. Alles war dunkel, überall standen Güterzüge, nichts bewegte sich. Der Zug fuhr langsam durch den Bahnhof, er hielt aber nicht. Der nächste Halt war dann Dormagen. Von dort fuhr ich dann mit einer S-Bahn wieder in Richtung Neuss, kam aber nur bis nach Norf. An diesem Abend gönnte ich mir ein Taxi von Norf nach Hause.

Eine andere Anekdote: Am Rheinhausener Bahnhof sprachen mich einmal zwei Männer an, die wissen wollten, ob der Niederrheiner (RB 31) in Richtung Xanten schon weg ist, obwohl sie pünktlich am Bahnhof standen. Sie waren zum ersten Mal mit der Bahn in Deutschland unterwegs und ganz überrascht, dass der Zug nicht pünktlich war und auch keine Verspätung angezeigt wurde. In den Niederlanden hätten sie andere Erfahrungen gemacht. Dort seien die Züge immer pünktlich gewesen. Auch in Duisburg wurden Verspätungen des Niederrheiners selten angezeigt, und wenn dann nicht korrekt. "Das ist ein Kommunikationsproblem zwischen uns und der Deutschen Bahn. Die Schnittstelle bei der Übertragung der Daten ist extrem empfindlich und dadurch kann das Problem entstehen", berichtet Henry Kuhlmann, Leiter des Kundenservices der Nordwestbahn. "Das Problem haben wir seit etwa einem Jahr. Wir bekommen viele Rückfragen von Kunden deswegen. Es ist bei uns gerade ein ganz großes Thema." Die Nordwestbahn sei dabei, das Problem mit der Deutschen Bahn zu lösen. Kuhlmann empfiehlt, den Abfahrtsmonitor auf der Internetseite der Nordwestbahn (www.nordwestbahn.de" ) zu nutzen. Dort seien die Daten genau.

Mein Fazit nach drei Monaten: Ich kann verstehen, warum nur zwei bis drei Prozent der Pendler, einen Weg auf sich nehmen, bei dem sie zweimal umsteigen müssen. Nach Angaben der Verkehrsunternehmen sollen die Probleme, die ich festgestellt habe, in diesem Jahr gelöst werden. Ich werde testen, ob es wirklich zu Verbesserungen kommt. In der Zwischenzeit steige ich erst einmal um auf ein Auto.

(eler)
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